Montag, 7. Februar 2011

Was ist ein demokratisches Wahlverfahren?

Bei der Literatur des Buches "Parteiendiktatur - Die Lüge von der innerparteilichen Demokratie" des EX-CDU Mitglieds Helmut Stubbe-Da Luz bin ich über das mir bis dato noch nicht so bekannte Wahlverfahren des CDU-Vorstands gestoßen:
"Die innerparteilich Wahlberechtigten haben in der Regel so viele Stimmen wie Positionen zu besetzen sind. Oft müssen sie (damit der Stimmzettel als gültig anerkannt wird) mindestens die Hälfte dieser Stimmer auch tatsächlich verwenden, bei den Beisitzerwahlen zum CDU Bundesvorstand sogar drei Viertel. Auf diese Weise werden viele gezwungen, auch ihnen unliebsame Kandidaten mitzutragen. Die Freiheit der Wahl ist eingeschränkt zugunsten der Stabilität der Mehrheiten für die "von oben" vorgesetzten Bewerberinnen und Bewerber."
Und tatsächlich steht dies auch so im CDU Statut auf Seite 26 ff.


§ 43 (Wahlen)
[...] Die Wahl der vier Stellvertretenden Vorsitzenden [...] und der sieben weiteren Mitglieder des Präsidiums [...] erfolgt in einem gemeinsamen Wahlgang [...]. Stimmzettel, auf denen nicht mindestens die Hälfte der Zahl der zu wählenden Kandidaten angekreuzt ist, sind ungültig. [...]
Die Wahl der [26] weiteren Mitglieder des Bundesvorstandes [...]. Stimmzettel, auf denen nicht mindestens drei Viertel der Zahl der zu wählenden Kandidaten angekreuzt sind, sind ungültig.  
Aus meiner Sicht ist die Wahl damit quasi nur eine "Abnicken", weil es extrem schwer gemacht wird, jemanden von der Vorschlagliste abzulehnen. Denn gewählt ist, wer 51 % der Stimmen erreicht.

Was das Wahlverfahren ebenfalls faktisch undemokratisch macht:
  • Die Kandidaten für den neuen Vorstand werden alle im Vorfeld durch den alten Vorstand vorgeschlagen.
  • Niemand kann auf dem Bundesparteitag für den Vorstand kandidieren.  
  • Es gibt immer nur so viele Kandidaten, wie es Vorstandsmitglieder gibt (kein Gesetz, aber die Regel).
  • Es gibt keine Vorstellung der Kandidaten. 
  • Es gibt keine Fragerunde an die Kandidaten.    

Zur Vollständigkeit halber soll erwähnt sein, dass Landesverbände Mitglieder für den Vorstand vorschlagen können, so wie hier geschehen. Dies passiert jedoch - nach meiner kurzen Recherche - sehr selten und war in besagten Fall sicherlich mit der Vorsitzenden der Partei, Frau Merkel, vorher verabredet.

Im Ergebnis sind die Wahlresultate des Bundesvorstands stets erfreulich hoch, wie man auf dieser Seite einsehen kann. Und auch einen zweiten oder dritten Wahlgang erspart sich die CDU durch dieses Verfahren.

Zum Vergleich: Die Piratenpartei bot den Parteimitgliedern bei der Vorstandswahl des letzten Bundesparteitags eine intensive Fragerunden an und wählte alle Vorstandsposten einzeln. Dies führte, da nicht immer ein Kandidat 50 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang auf sich vereinen konnte, oft zu mehreren Wahlgängen. Insgesamt bedurfte das Verfahren zwei Tage und löste viel Frust in der Partei aus.

Noch schlimmer war einstmals die SPD anno 1969 (siehe Bericht im SPIEGEL). Dort mussten nicht nur 3/4 aller Stimmen, sondern tatsächlich alle Stimmen verteilt werden. Da auch in der SPD stets nur soviele Kandidaten vorgeschlagen wurden, wie es Vorstandsmitgliederplätze gab, fand auch hier keine wirkliche Wahl statt. Erst eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs verbot dieses Praxis. Im Ergebnis wurde die "gemäßigte" Blockwahl eingeführ. Jetzt müssen mindestens 50 % der Stimmen verteilt werden.

Fraglich ist also, ob es ein Wahl-Verfahren gibt, dass gleichzeitig demokratisch und dennoch zeit-effizient abläuft?

Als Alternative habe ich bisher noch keine perfekte Lösung. Als bisher beste Idee, finde ich jedoch den Vorschlag, die jährliche Neuwahl des Parteivorstands in eine Briefwahl zu verlegen. Die Bewerbung der Kandidaten kann voab - fair und mit ausreichend Zeit - über einer zentrale Web-Plattform abgewickelt werden, auf der jeder Fragen stellen kann (Zusätzlich sind auch Video-Fragerunden sinnvoll).

Nach einer fixen Vorstellungszeit, folgt dann die Briefwahl durch alle Parteimitglieder. Falls Kandidaten in ersten Runde die 50 Prozent Mehrheit gewinnen, gelten sie als gewählt. In einem zweiten Wahlgang würde dann derjenige ein Amt gewinnen, der die meisten Stimmen auf sich vereinigen kann..

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