Samstag, 23. April 2011

Der Sinn und Zweck von "Delegationen"

Streetdogg hat gestern auf seinem Blog einen lesenswerten Beitrag zum Thema Delegationen veröffentlicht. Mich freut dieser Beitrag - passt er doch zu meinem Untersuchungsobjekt und hebt sich zudem qualitativ deutlich von der bisherigen Kritik ab.

Der folgende Beitrag ist zum einen eine Antwort auf Streetdogg's Beitrag, zum anderen der generelle Versuch  eine ausführliche Begründung für Delegationen zu formulieren.

Diese Begründung basiert nicht auf meinen Überlegungen, sondern auf den von mir bisher gelesenen Texten und den Konzepten der Liquid Feedback Entwickler.


Vorweg möchte ich Streetdogg auch hier noch einmal öffentlich meinen Dank ausrichten. Er hat mir etliche Statistiken der Liquid Feedback Datenbank ausgewertet. Wer Interesse hat findet einige Zahlen hier

Ebenfalls vorweg möchte ich in Streetdogg in einigen unproblematischen Punkten zustimmen:

  • Ja, wir alle sollten nach Wegen suchen, wie wir die Liquid Feedback so weiter entwickeln können, dass es für uns alle besser funktioniert. Dein Aufruf nach einer kritischen Prüfung und Behebung von Problemen im Detail finde ich sehr konstruktiv.  
  • Ja, dass die Liquid Feedback Bedienungs-Oberfläche einer der größten Mängel ist, dies zeigen alle Umfragen. Aber: Am neuen Interface wird gearbeitet. Die Entwickler suchen zurzeit Beta-Tester. Freiwillige melden sich hier oder hier
  • Ja, Liquid Feedback gibt mir keine Möglichkeit zu sehen, was aus meinen Delegationen geworden ist. Ich kann sie nicht mit "einem Klick" schnell überprüfen. Dies ist ein großer Mangel, der zurzeit nur mit Blick in die Datenbank gelöst werden kann. Dies muss dringend in der Liquid Feedback Oberfläche selbst möglich sein. 
  • Jap, Auto-Ablehnen ist (auch imho) Murks und gehört abgeschafft.
  • Jap, Datenschutz ist ein schwieriges Thema. Imho ist der jetzige Kompromiss schon sehr weitgehend, ich hielte Deinen Vorschlag theoretisch aber für gangbar, wenn auch nicht zwingend notwendig. Laut Umfragedaten ist "Datenschutz" eher ein nachgeordnetes Problem. Und an die wenigen (sehr lauten) Stimmen zu dem Thema: Wer sich politisch nicht öffentlich äußern will oder kann, sollte über die Sinnhaftigkeit einer Mitgliedschaft in einer der Öffentlichkeit verpflichteten Institution, wie sie Parteien nun mal sind, nachdenken. Hier bieten NGOs sicher ein besseres zu Hause. Wer der Gesellschaft vorschreiben will, wie sie handeln soll, und dafür ihr Vertrauen erlangen möchte, muss für diese Position öffentlich, transparent und verantwortungsvoll einstehen. Dies ist sogar eine Forderung der Piraten. Liquid Feedback wurde explizit u.a. auch dafür erfunden. Eine weitere "Verstümmelung" dieser Transparenz halte ich für kontraproduktiv. 
  • Ja, komplett inaktive Parteimitglieder sind stets ein Problem. Der Verfall der Delegationen nach drei Monaten Inaktivität des Nutzers im System wurde jedoch bereits beschlossen und befindet sich bereits in der Umsetzungsphase. Das kann natürlich frühstens in drei Monaten greifen.
Wo ich anderer Auffassung bin:

Streetdogg, aka Stephan, und ich hatten darüber bereits darüber einige Stunden telefoniert, jedoch möchte ich unseren Dissens in diesem Punkt noch einmal hier vertextlichen.

Wie Stephan in seinem Text bereits richtig bemerkte, habe ich eine mögliche Antwort auf seine Kritik bereits in diesem Text über unterschiedliche Verständnisse von Basisdemokratie verfasst. Ich möchte allerdings in diesem Text noch etwas konkreter werden.

1.) Die Mär von der geringen Beteiligung:

Du attestiert Liquid Feedback einen Fehlstart und beschwerst Dich über geringe Nutzungszahlen. Ich schätze dies anders ein. Zum einen haben sich vom Start der Software bis zum ersten Programmparteitag durchschnittlich zwischen 500 bis 600 Piraten pro Initiative "direkt" beteiligt. Dies geht aus Deinen eigenen Zahlen hervor. Nun sagen manche, dies seien ja nicht alle, nicht mal die Hälfte der 12.000 Piraten, also sei die Beteiligung gering.

Auch wenn Du selbst diesen Vorwurf nicht direkt aussprichst, so schwebt dieser Vorwurf auch bei Dir immer wieder zwischen den Zeilen drin. Ich denke hier wird mit dem falschen Maßstab gemessen. Ich habe einmal einige Vergleichszahlen aus Online- und Offline-Beteiligungs-Projekten zusammen gestellt:

  • Beteiligungs-Plattform „Frankfurt gestalten“ – 1 Jahr – 44 Initiativen (680.000 Einwohner)
  • Die deutschsprachige Wikipedia, Eintrittshürde: 0, Bekanntheit: 1000 %, Zielgruppe: ca. 100 Millionen Muttersprachler in 8 Ländern; Jedoch: im Kern nur 3000 Aktive & ca. 300 Admins (+ stark sinkend).
  • Adhocracy der Enqutete Kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“: Zielgruppe ca. 62 Mio Wahlberechtigte, Eintrittshürde: E-Mail-Adresse. Komplett anonyme Teilnahme möglich. Ergebnis: ca. 1000 registrierte Nutzer, ca. 100 Vorschläge. Populärstes Einzelthema: 219 Nutzer stimmten ab. Über 50 Uservotes kommen nur rund 10-15 Themen. Alle anderen teils deutlich drunter. 
  • Adhocracy der Linkspartei: 523 Nutzer (bei 74.000 Mitgliedern), populärstes Thema: 35 Stimmen
  • Adhocracy der Grüne Jugend: 66 Mitglieder, 20 Vorschläge.
  • Der Bürgerhaushalt in Berlin (im zweiten Jahr in Folge), aufwendig organisiert. Oft nur 10-20 Besucher, Negativrekord waren 3.Ähnlich sieht es beim Bürgerhaushalt in Hamburg und anderen Städten aus.
  • Oberknüller: Der Bundespräsident lud in Bonn zum ersten "Bürgerforum" ein. Laut einem Deutschlandradio Bericht waren 10.000 Anrufe nötig um 400 Freiwillige in Bonn und Umgebung zu finden. Von diesen kamen wiederum nur 200 tatsächlich zur Eröffnung mit dem Bundespräsidenten.
Kurzum: Ich finde die Teilnehmerzahl an Liquid Feedback im Vergleich mit allen mir bekannten Möglichkeiten zur Beteiligung an Abstimmungen für sensationell hoch.

Und die Zahl der 500 bis 600 Aktiven vor dem Themenparteitag stellen ja nur die wirklich "durchgehend" Aktiven dar. Insgesamt haben schon über 1580 Piraten mindestens einmal selbst an einer Abstimmung teilgenommen, 801 haben sogar an mehr als 10 Abstimmungen teilgenommen, 1989 Piraten haben einmal eine Inititiative unterstützt, 2041 haben sich für mindestens ein Thema interessiert.


Zudem "weigert" sich Streetdogg Delegationen als Meinungsäußerung zu akzeptieren. Er löscht diese in seiner "Aktiven"-Statistik regelmäßig. Zählte man sie hinzu kommen man zumindesten bis zum Bundesparteitag auf regelmäßig auf 600 bis 1000 Beteiligte.

Aber selbst wenn man sich nur auf die 500-600 (bis zum Parteitag) dauerhaft aktiven Piraten begrenzt, ist das Ergebnis gut. Denn bei vielen Abstimmungen in Liquid Feedback nahmen meist mehr Piraten teil, als beim anschließenden Bundesparteitag.


Zwar waren vor Ort 540 Piraten gemeldet, jedoch nahm nur ein Teil an beiden Parteitagen, bzw. an allen Abstimmungen teil. Ich habe dafür im Protokoll an den Stellen dafür Belege gefunden, wo geheim oder mit Auszählung abgestimmt wurde. Beispiele:
  • Die Wahl des Versammlungsleiters: 454
  • "Transparenz und Korruptionsbekämpfung in der Wirtschaft": (genau) 400
  • "Vielfältige Beteiligung der Gesellschaft am Bildungsprozess für Kinder und Erwachsene": 338
  • "Gewaltenteilung und demokratische Legitimation": 359
  • "Atomausstieg / Sicherheit kerntechnischer Anlagen": 376
Dass nach dem Themenparteitag die Beteiligung an der Liquid Democracy Plattform gesunken ist, kann viele Gründe haben. Zum einen fehlt eben genau dieser "neue" Themenparteitag. Spätestens seit Bingen ist allen klar, dass wir beim kommenden Parteitag in Heidenheim neben der Wahl des neuen Bundesvorstands nicht viel inhaltliches Programm schaffen werden.

Als zweiter Grund kann die geringe Akzeptanz von Liquid Democracy Meinungsbildern im Bundesvorstand gesehen werden. Dieser nutzt das Feedback aus der Partei - so lässt es sich am freundlichsten beschreiben - gar nicht, setzt sich sogar teilweise darüber hinweg. Eine "aktive" Nutzung - also etwa umstrittene Entscheidungen der Parteibasis vorzulegen und sie über diese Abstimmung etwa per E-Mail zu informieren -  findet ebenfalls nicht statt.

Andere Beispiele haben gezeigt, dass die Beteiligung an Umfragen und Meinungsbildern durch eine aktive Aufforderung des Vorstand sehr hoch sein kann. So haben sich an den Umfragen, die an die Parteimitglieder in Bayern oder Baden-Würthemberg direkt per E-Mail verschickt wurden, sehr viele Mitglieder beteiligt. Ähnlich hoch ist auch die Beteiligung an Liquid Feedback im Landesverband Berlin, wo sich der Vorstand  von jeher aktiv am System beteiligt.

Und last but not least: Kann die Abnahme an der Beteiligung an Liquid Feedback noch mit der Abnahme an der Parteiaktivität generell zu tun haben. Insgesamt scheint mir der absolute Wert der Beteiligung ein schwieriger Indikator für die Qualität eines Systems, da stets unklar ist, was jeweils Ursache oder Wirkung ist. Selbst ein Zeitverlauf der Beteiligung ist höchst interpretationsanfällig und sollte frühstens nach der Vorbereitung eines zweiten Themenparteitag herangezogen werden.

Statistik gilt nie absolut, sondern im Kontext. So darf man die Arbeitslosenstatistik des Winters nicht mit der des Sommers vergleichen, sondern muss sie zum letzten Winter in Vergleich setzen. Eine Liquid Feedback Statistik "jetzt" mit einer Liquid Feedback Statistik kurz vor einem Themenparteitag zu vergleichen, ist nicht aussagekräftig.

Ohne Aussicht auf einen solchen Themenparteittag und mit einem Bundesvorstand, der faktisch gegen Liquid Feedback arbeitet, verwundert es mich, sich zurzeit überhaupt noch Piraten mit Liquid Feedback arbeiten.

Dies nun aber der "Software" vorwerfen, finde ich sehr einseitig.


2.) Der große Denkfehler von Streetdogg: Delegation als "Verlust" der Stimme

In seinem Text schreibt Streetdogg:
"Zunächst sollte man sich aber ein paar Gedanken über Liquid Democracy machen. Relativ einleuchtend dürfte sein, dass Liquid Democracy keine direkte und auch keine repräsentative Demokratie ist. Weniger klar ist vielleicht, dass es (so wie in Liquid Feedback implementiert zumindest) auch keine Mischung aus beiden Demokratieformen ist. Was wir in diesem System vor uns haben, hat Eigenschaften, die weder in der einen noch in der anderen Demokratieform zu finden sind.
Der wichtigste Unterschied ist, dass die Teilnehmer nicht alle das gleiche Stimmgewicht zugesprochen bekommen. Die Entscheidung einer Person kann doppelt soviel zählen, wie die einer anderen, oder dreimal so viel, zehnmal soviel oder gerne auch hundertmal soviel."
Zunächst einmal möchte ich Streetdogg auf der "Definitonsebene" widersprechen. Liquid Democracy _lässt_ sich in eine klassische Definition einordnen, nämlich in die der "identitäre Demorkatie", was ich hier ausführlich erklärt hatte.

In der ursprünglich von Jean-Jacques Rousseau geprägten "identitären Demokratie" bleibt der Wille des Volkes (die Identität) erhalten.Wie das zu funktionieren sollte, ist bis heute jedoch nie klar geworden. Idealisten glaubten an die "Räte-Republik" in der sich die Gesellschaft in Tausenden von Räten zusammensetzen, die eine große Pyramide bilden. Das imperative Mandat, oder die Basisdemokratie der Grüne sind andere Ausprägungen. Rousseau und später Marx  glaubten an einen klar erkennbaren Gemeinwillen ("volonté generale"), den die DDR schließlich mit einer "Diktatur des Proletariats" durchsetzen wollte. 

Die Idee der "Liquid Democracy" gehört ebenfalls in diese Rubrik der radikal-basisdemokratischen Ideengeschichte. Und zwar aus zwei Gründen:

  1. Ich kann im Zweifelsfall über jedes Gesetz selbst abstimmen (und sogar welche initiieren)
  2. Die "Delegation" ist kein Akt der Repräsentation.(dazu der nächsten Absatz ausführlich!)


3.) Der Charakter der Delegation: Vertretung statt Repräsentation

Mit dem Denkfehler den Streetdogg hier begeht, steht er nicht allein. Im Gegenteil: Viele die sich "gegen Delegationen" aussprechen, sind meiner Beobachtung nach "gegen" den (angeblich) 'repräsentativen Teil' der Liquid Democracy.

Na klar. "Basisdemokratie", "Mitbestimmung", "Beteiligung", "Anti-Eliten-Partei", "Anti-Macht-Partei", "Themen statt Gesichter" - dies sind ja die 'Ideale' aus denen heraus sich die Piratenpartei in Deutschland zu einem großen Teil speist. Die Piraten versuchen (zurecht!) Mitbestimmung für jeden übers Internet zu ermöglichen. Kein Wunder, dass unter Piraten Machtkonzentration bei wenigen 'Superdelegierten' auf allergische Ablehnung stößt.

Das es zumindest zwischen den Themenparteitagen, in Phasen geringer Aktivität, zu einflussreichen Superdelegierten kommen kann, dies hat Streetdogg nun auch noch einmal visuell eindrucksvoll bewiesen. Und es stimmt auch, dass sogenannte "Fire-&-Forget" Delegationen problematisch sind. Ein Teil dieses Problem sollte sich bald von alleine lösen, da zukünftig alle Delegationen von inaktiven Mitgliedern (Inaktiv = 3 Monate nicht eingeloggt) automatisch verfallen.

Doch machen wir es uns nicht zu einfach. Auch danach wird es weiter Delegationsketten und Superdelegierte geben. Wir müssen uns überlegen, ob wir das wollen?

Ich denke ja und möchte erklären warum:

  • Die Magie liegt im "eigentlichen Akt" der Delegation. Die Auswahl des Delegationsempfängers wird dabei von den Kritikern meiner Meinung nach unterschätzt. Denn wem ich meine Stimme "anvertraue", das ist nicht sicher nicht "zufällig". Dabei geht es, wie überall in der Politik um Vertrauen. Im Liquid Feedback sind die Delegations"könige" daher auch nicht zufällig alles herausragende Persönlichkeiten. Ist es nicht geradezu ein "Beweis", dass Delegationen funktionieren, wenn ausgerechnet die jüngste Partei Deutschlands einen fast 50-jährigen Professor zur "mächtigsten Person" ihrer innerparteilichen Demokratie macht? Und zwar nicht, weil einige wenige dies so sehen, sondern sehr viele gemeinsam?
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  • Auch die Weitergabe über mehrere Ebenen sehe ich als "im-Sinne-der-Idee" an. Ich vertraue meinem Kumpel Bernd eine globale Delegation an. Damit vertraue ich ihm nicht an, nun in "allen Feldern" die kompetenteste Entscheidung zu treffen, sondern vielleicht nur die innerhalb seines Umfeldes kompetenteste Person zu finden, die das Thema entscheiden kann.

    Und wenn mein Freund Bernd der Meinung ist, dass dies sein Freund Hannes das ist, dann ist das ok. Und auch Hannes mag vielleicht nicht alles wissen, sondern in verschiedenen Themenbereichen an verschiedene Personen delegieren, die er für kompetent hält. 

    Frage: Wurde meine Stimme nun, da sie dreimal weiter gereicht wurde, "weniger" wert oder schlechter? Nein. Im Gegenteil: Durch die Möglichkeit der Weitergabe - auch über 7 Ecken und mehr, hat sie letztlich auch nur diejenige Person erreicht, die wir, wenn wir zusammen geständen hätten, als die kompetenteste und an diesem Thema am meisten Interessierteste unter uns gewählt hätten. Denn alle anderen, einschließlich mir selbst, hätten ja, bei höherem eigenen Interesse, selbst abstimmen können.
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  • Einige Piraten scheinen auch Kontrollfreaks zu sein. Sie können nicht "loslassen", wenn sie an jemanden delegieren (=eine Stimmvollmacht erteilen). So ist es zum Beispiel offenbar außerhalb des Vorstellungsvermögens, dass es auch im Rahmen der Vollmacht sein könnte, von der Vollmacht keinen Gebrauch zu machen und an einer Abstimmung eben nicht teilzunehmen. Interessanterweise wird der Kontrollreflex umso stärker, je offensichtlicher (transparenter) es ist, dass andere (!) etwas entscheiden. Man könnten natürlich einfach teilnehmen, sofern man zum Thema eine Meinung hat. Oder aber zunächst einmal vertrauen (!) und ggf. Konsequenzen ziehen oder aber nicht delegieren.
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  • Wenn ich meine Stimme delegiere, dann sagt Streetdogg sie sei "weg". Wirklich? Wie sieht die Alternative zu einer Delegation aus? Alles Selbst-Abstimmen? Nein. Gerade die jetzt geringen Beteiligungsquoren zeigen ja, dass eben nur wenige Parteimitglieder sich in die aktive Arbeit einmischen können oder wollen. Die Alternative zur Delegation heißt also in der Regel "Gar-Nicht-Mitbestimmen" oder "Sich-Enthalten".

    Folge: Durch meine "Auswahl" der Delegation, gewinne ich als einfaches Parteimitglied - obwohl ich wenig Zeit habe - sogar noch an Einfluss in der Partei. Dies tue ich, indem ich an eine kompetente oder meiner politischen Richtung nahe-stehende Person delegiere.

     [Dies ist übrigens ein Verhalten, das sich auch in der Offline-Politik, z.B. auf jedem Parteitag beobachten lässt. Menschen orientieren sich an ihrem Kreisvorsitzenden, am besten Parteifreund auf dem Nachbarsitz, an einem überzeugenden Redebeitrag und manchmal sogar an einem Mitglied des Bundesvorstands (der sitzt nicht zufällig vorne, erhöht auf einer Tribüne in Richtung Partei und gut ausgeleuchtet! ;).]
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  • Parteimitglieder erhalten durch Liquid Feedback auch Zugriff auf die gesamt-politischen Ausrichtung einer Partei. Denn bei der Auswahl der Delegation kommt es längst nicht nur darauf an, einen "Wissens-Experten" zu finden. Der Pirat "Korbinian" etwa zeigt ein deutliches sozial-liberales (bisweilen auch links-anarchistisches) Profil, während beispielsweise der Pirat "Sekor" eher den neo-liberalen, konservativeren Flügel abbildet. Der Pirat "maha" steht in diesem Vergleich eher in der liberalen Mitte. Ein Pirat kann nun mit seiner Delegation auf einem dieser "Persönlichkeiten" den jeweiligen Parteiflügel und somit auch - ohne viel Aufwand - die grundsätzliche Parteiausrichtung seiner Partei beeinflussen. Ähnliche Partei-Flügel gibt es in allen Parteien (z.B. Seeheimer Kreis als einer von vielen Flügeln in der SPD). Sie sind in Liquid Feedback eben nur viel transparenter und "flüssiger".
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  • Auch im Vergleich mit der sonstigen Partei-Praxis scheint mir die Delegation nur die (transparentere & flüssigere) Abbildung, der auch sonst üblichen Parteivorgänge: Die meisten Positionen der "großen" Parteien werden von kleinen Arbeitskreisen und dort oft von Einzelpersonen (vgl. Arbeitspapier des CSU-Netzrat oder gar HartzIV-Kommission der Regierung Schröder) erarbeitet. Diese AGs und Arbeitskreise werden in der Regel von Vorständen eingesetzt oder beauftragt. Hier liegt quasi eine "Offline-Delegation" vor. Parteimitglieder delegieren ihre Macht an den Vorstand und der macht eine Art "Offline-Themabezogene-Delegation" an einen AG-Vorsitzenden. 

    Aber auch die selbstständigen Arbeitsgruppen, sind auf (Macht-)Delegationen angewiesen. Ganz beeindruckend kann man das sehen, anhand der bisher eher hilflosen AG Netzpolitik in der SPD. Die macht ähnlich wie der Netzrat der CSU eine tolle Arbeit, ihnen fehlt jedoch jegliche "Machtdelegation" in der Partei. Große Mehrheiten in der SPD als auch CSU, so kann es zumindest die Parteiführung behaupten, stehen voll hinter dem Glücksspielstaatsvertrag mit Netzsperren. Den jeweiligen "Experten-Gruppen" fehlt ein Liquid Feedback in ihrer Partei, um das Gegenteil zu beweisen.
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  • Eine weitere zentrale Kritik von StreetDogg ist, dass Liquid Feedback den einzelnen Pirat gegenüber den "Super-Delegierten" machtlos macht. Richtig ist, dass ein Super-Delegierter mehr Macht hat, als ein Pirat ohne Delegationen. StreetDogg zieht daraus, die Konsequenz, dass Delegationen ihren Sinn nicht erfüllen würden. Dies ist meiner Meinung nach falsch. Denn es IST genau das Ziel, der Delegationen, dass aktive und vertrauenswürdige Personen in der Partei mehr Macht bekommen.
    Let's face it: Unterschiedliche Macht-Konzentrationen in Parteien wird es *immer* geben. Die Frage ist nur, *wie* der Mechanismus konstruiert ist, an diese Macht zu kommen. Er sollte meiner Meinung nach vor allen Dingen vier Dinge ermöglichen:
    • Flexibilität & Geschwindigkeit (Bei Skandalen, Wählertäuschung oder Machtmissbrauch, muss Macht schnell entziehbar sein)
    • Entscheidungsfähigkeit (Am Ende des Prozess stehen verwertbare Ergebnisse)
    • Transparenz (Wer hat in der Partei Macht und ist von wessen Vertrauen abhängig?)
    • Chancengerechtigkeit (Jedes Parteimitglied muss [entsprechenden Willen & Fähigkeiten vorausgesetzt] möglichst schnell genauso viel Macht erreichen können.) 
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  • Liquid Feedback erfüllt diese Kriterien meiner Meinung nach. Alternativen wie die Mailingliste (Anonym, Sockenpupen, Macht für Zeiteliten), ein starres Delegiertensystem (wenig Flexibilität, wenig Chancengerechtigkeit) oder Rätesystem mit imperativen Mandaten (langsam, kompliziert, oft ergebnislos) halte ich auf Dauer als unhaltbar. Gerade das bisherige Machtsystem, die "Mailingliste", sehe ich kritisch. Hier ist zwar formell jeder "gleich" (vergleiche das "klassische Verständnis von Basisdemokratie"), jedoch führt die Mailingliste zur Macht derjenigen, die am Lautesten schreien oder am unerträglichsten ihre "Argumente" immer wieder wiederholen (Zeiteliten).

    Liquid Feedback ist das Gegenmodell dazu. Hier wird nicht jeder Kommentar (= Anregung) "gleich" bewertet, sondern ist dem Votum der Mehrheit ausgeliefert (Anregungs-Bewertung).

    Die Folge ist, dass vor allen diejenigen viele Delegationen erhalten, die eine glaubwürdige, authentische öffentliche Selbstdarstellung bieten (z.B. auf Twitter, in Blogs oder beruflich) und gleichzeitig in LQFB aktiv sind. Die klassischen "Lauten", oder gar diejenigen die sich Menschen-verachtend äußerten, pöbelten, oder extreme Positionen vertraten, sind deutlich weniger erfolgreich.

    Aber auch der "einfache" Pirat, gänzlich ohne Delegationen, kann seine Argumente, wenn er sie konstruktiv vorträgt, hier einbringen. Er wird sich aber nicht jedesmal durchsetzen können. Wollte er das tun, müsste er eben mehr Vertrauen in der Partei gewinnen.
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  • So banal es ist. Ich glaube wenn wir Delegationen abschalten, werden Abstimmung in der Partei kein "gerechteres", sondern ein ungerechteres Abbild darstellen. Strukturen werden verkrusten und einmal gewählte Vorstände oder privilegierte Landes-Delegierte "ihre Macht" für sich selbst und ihre Interessen nutzen (vgl. letzten Absatz über Grüne hier).

    Ist es nicht bezeichnend, dass selbst der aktivste Befürworter von Liquid Feedback im Bundesvorstand, Christopher Lauer, trotz seiner Bekanntheit in der Partei und trotz seiner vielen Reiseaktivitäten, eben *nicht* die meisten Delegiertenstimmen bekommen hat? Warum entscheiden sich die Leute für den wesentlich ruhiger auftretenden "alten" Professor Martin Haase? 
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  • Der Verweis auf Lime-Survey Abstimmungen, bei denen deutlich höhere Abstimmungs-Quoren erreicht werden, passen aus zwei Gründen nicht: 
    • Zum einen werden alle Parteimitglieder direkt per E-Mail angeschrieben. (Ich halte dies übrigens für richtig und würde mir wünschen, dass der Bundesvorstand solche E-Mails mit Link zu wichtigen Partei-Debatten in Liquid Feedback öfter an alle verschickt)
    • Lime-Survey Umfragen sind primär Abstimmungen über fixe, vorgegebene Fragen. Es gibt für Parteimitglieder weder die wichtige Möglichkeit vorbei am Vorstand selbst eine Meinungsumfrage zu starten (Gegeninitiative), noch die Möglichkeit im Vorfeld Einfluss auf den zur Abstimmung stehenden Antragstext zu nehmen. Denn Liquid Feedback ist nur zu einem ganz kleinen Anteil eine "Abstimmungsmaschine". Liquid Feedback zeichnet sich ja vor allem durch den ausgezeichnet ausgestalteten Diskussionsprozess im Vorfeld aus, der sich oft über zweieinhalb Monate hinzieht (Anregungen, Abstimmungen über Anregungen, Unterstützer, Debatten auf Twitter & Mailinglisten, Werbung für Initiativen, Debatten in verlinkten Wikis & Piratenpads etc.)

4.) Noch ein paar Anmerkungen hier und da
"Es gibt keine technische Begrenzung des Stimmgewichts einer Person. Das System lässt es ohne auch nur im Entferntesten mit der Achsel zu zucken zu, dass alle Stimmen an eine einzige Person übertragen werden, die dann im Alleingang das Ergebnis bestimmt."
Ja, warum auch nicht? Wenn "alle" Piraten einzeln und in freiem Willen entscheiden, dass unter ihnen eben dieser "einer" derart viel Kompetenz mitbringt, dass er die besten Entscheidungen trifft, dann soll die Software das auch abbilden. So wie wir Netzneutralität von den Telekoms fordern, sollten wir auch Politneutralität von unserer zentralen Meinungsbildungs-Software fordern. Praktischerweise ist sie schon umgesetzt ;)

Übrigens: Selbst wenn wir einmal einen "Piraten-Führer" in unserem Kreis finden sollten, dem wir alle global delegieren: Im Gegensatz zum echten Hitler, kann der "Piraten-Führer" in Liquid Feedback mit nur einem Klick wieder entmachtet werden. Seine Macht hielte aber auch sonst nur, wenn sich alle Piraten bei einer Abstimmung enthalten nicht selbst entscheiden würden. 

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"Nun denn, frage ich: Welcher Benutzer hat denn zur Zeit z.B. die meisten globalen Delegationen?"
Die Kritik an der jetzige Intransparenz der Delegationen im System teile ich. Hier muss dringend nachgerüstet werden. Der Nutzer muss schnell angezeigt bekommen können, wo überall seine Delegation landen könnte. Und die Delegationsempfänger müssen gleichzeitig erfahren in welchen Bereichen sie zurzeit wie Delegationen maximal erreichen könnten (ob die wirklich erreicht werden zeigt sich ja jeweils erst in der Abstimmung).

Dies ist ein wichtiges Feature, dass so schnell wie möglich nachgerüstet werden muss, jedoch kein Grund grundsätzlich für oder gegen Delegationen zu sein.

5.1.) Die Initiative 1450:
"Offenbar ist Korbinian ein so großer Experte für Jugendschutz im Netz, dass seine Stimme rund 100 mal so viel zählt, wie die eines Otto-Normal-Piraten. [...] Auffallend ist: Es sind [nur] genau drei Personen, die direkt auf korbinian delegiert haben. [...] Was wir auf dem Bild oben sehen, wäre dabei dann die präzise Abbildung der Machtkonzentration in unserer Partei zum Thema Jugendschutz im Netz, also die Wirklichkeit."
Sehen wir in dieser Abstimmung wirklich ein Machtkonzentration oder eher ein großes Desinteresse? Offenbar haben alle 100 Delegations-Geber das Thema nicht als wichtig oder sich selbst nicht als ausreichend informiert gefühlt, um selbst abzustimmen.

Wie oben beschrieben, wäre ihre Stimme im Normalfall nun überhaupt nicht gehört worden. Stattdessen aber landeten ihre Stimmen über Maha und Zeitweise schließlich bei Korbinian. Dies als "Fehler" zu bezeichnen, finde ich gerade in diesem Beispiel besonders absurd, da Maha eine generelle, globale Delegation zu Korbinian hat. Wer also auf Maha delegiert, sollte wissen, dass "schlimmstenfalls" "immer" Korbinian dran kommt. Wer damit nicht klar kommt, sollte generell nicht auf Maha delegieren.

5.2.) Initiative 1496:
"Delegationskönig war hier flexi, allerdings sieht man gleich, dass er sich davon nicht viel kaufen konnte. Es haben zwar stolze 167 Personen direkt oder indirekt auf flexi delegiert, davon sind aber nur 11 tatsächlich bei ihm angekommen. Zu verdanken hat er das vor allem laprintemps, die 67 Stimmen im Verlauf der Delegationsketten abgefangen und selbst genutzt hat."
"Nun stellt sich mir die Frage wem diese 167 delegierenden Personen hier eigentlich ihr Vertrauen ausgesprochen haben? Indirekt haben sie alle an flexi delegiert, direkt nur 2. 12 der 167 haben letztlich tatsächlich flexi ihr Stimmgewicht übertragen."
Ich finde es spannend, wie unterschiedlich wir zwei diesen Fall bewerten können. Für Dich scheint sich die "Delegations-Hölle" aufzutun, für mich zeigt die Abstimmung, dass das Delegations-Prinzip funktioniert. Entscheidend ist der Blickwinkel - ähnlich wie beim halbleeren oder halbvollen Glas. ;) 

Um auf Deine Frage einzugehen, wem die Stimme übertragen wurde: Jeder Pirat überträgt die Stimme jeweils an "seinen" Delegationsempfänger. Jeder Pirat und jeder Delegationsempfänger in einer Kette hat zu jeder Zeit die Möglichkeit selbst abzustimmen.

Eine frühe oder späte "Unterbrechung" einer Delegationskette ist ähnlich wie eine hohe oder niedrige Beteiligung an einer Abstimmung meiner Meinung nach kein "Erfolgskriterium" für Liquid Feedback. (Außer man steht für das Konzept der klassischen Basisdemokratie, dann ist man natürlich für möglichst hohe Beteiligungsquoten und kurze Delegationsketten.) Wenn man das Konzept der Liquid Democracy jedoch ernst nimmt, dann ist eine Delegationskette jedoch immer genau so, wie sie ist, optimal. Denn der erste, der abstimmt, ist ja auch automatisch stets der, der meint genug Kompetenz und Zeit für ein Thema aufwenden zu können. In diesem Fall war das die geschätzte Pirat(in) laprintemps.

Meines Erachtens nach ist der Versuch anhand der Länge von Delegationsketten die Qualität der Demorkatie zu messen, vergleichbar mit dem Versuch anhand der Anteil der Stimmen für die FDP die Qualität der repräsentativen Demokratie in der BRD zu untersuchen. Die Menschen delegieren eben immer an diejenigen, die sie für "Experten halten". Der Respekt vor ihrer Entscheidungsfreiheit sollte uns dazu veranlassen, nicht Qualität der Experten, oder die Länge der Delegationskette in Frage zu stellen. Die Menschen wählen eben immer so, wie sie es für "richtig" halten. Dies ist manchmal (leider *g*) auch die FDP. Die Qualität einer demokratischen Abstimmung sollte man jedoch anderen Kriterien messen, als an unserem letztlich "subjektiv" richtig- oder falsch-empfundenen Ergebnis.

5.3.) Initiative 1490 und 1463:
"Wir sehen hier nun, dass Michael Ebner rund 100 mal mehr Kompetenz im Satzungsbereich zugetraut wird, als einem gewöhnlichen Piraten. [...]"
Falsch. Auch, wenn Du es hinter einer Passiv-Formulierung versteckst: Es sind rund 100 Piraten die Maha aktiv zutrauen, auch in diesem Bereich den richtigen Mann für diese Entscheidung zu finden. Als einer der auf Maha delegiert, kann ich Dir sagen, dass Maha aus meiner Sicht auch hier wieder den richtigen fand. :)
"Im Vergleich dazu nun 1463: Hier gilt wohl: Herr Ebner, Sie sind raus! [...] Bei beiden Themen geht es um Aspekte des Schiedsgerichts, dennoch unterscheidet sich die Einschätzung von Michael Ebners Kompetenz dazu durch das Kollektiv fast um den Faktor 10."
Falsch. "Das Kollektiv" schätzt jeweils einzeln die Kompetenz des jeweils ersten Delegationsempfängers ein. Oft direkt, manchmal aber auch indirekt ist dies Maha. In diesem Fall entschied maha selbst anzustimmen und nicht an Ebner zu delegieren. Ich weiß nicht, wo das Problem ist. Ich hab schließlich auf Maha delegiert, nicht auf Ebner. Wenn ich Ebner für den Kompetenteren halten würde, hätte ich ja direkt auf ihn delegieren können. Finde Deine Argumentation hier nicht nachvollziehbar.

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"Welchen Anteil z.B. die 5 Topdelegierten in jedem Meinungsbild hatten, kann man dieser Grafik entnehmen. In einigen Abstimmungen bringt diese jeweils kleine Gruppe sogar die absolute Mehrheit auf die Waage. Solange sie dann beim Meinungsbild gleich abstimmen, werden die Stimmen aller anderen Teilnehmer immer einfach überstimmt."
Wie oben argumentiert, ist dies im Sinne des Systems. Wer ein Problem mit den Delegationsempfängern hat, hat (im Gegensatz zur klassischen Parteipolitik) jederzeit die Möglichkeit zu erfahren, wie sich die Unterstützer, z.B. für maha, zusammensetzen. Im Gegensatz zu klassischen (intransparenten) Parteipolitik kann daraufhin jeder versuchen, mahas Unterstützer abzuwerben oder sie von der "Gefährlichkeit" von Maha zu überzeugen. Im nächsten Update wird wahrscheinlich eine (transparente) Kommunikationskomponente ergänzt, so dass dies sogar direkt im System möglich wäre.

6.) Quoren bestimmt von Wenigen
"Es sind allerdings nicht nur Meinungsbilder betroffen, sondern auch die Quoren.
Bereits am Anfang des Betriebs hatte ich die Befürchtung geäußert die Kombination aus Delegationen und Quoren könnte dazu führen, dass die Entscheidungsgewalt, welche Themen überhaupt bis zur Abstimmung kommen, auf wenige Personen übergehen könnte. Inzwischen kann ich dazu zahlen liefern."
Auch dies ist im Sinne der Liquid Democracy. Die Quoren dienen dazu SPAM und Trolle abzuhalten. Wer hunderte von Delegationen besitzt, wird sicherlich keinen SPAM durchwinken. Wenn er es doch tut, wird er irgendwann seine Delegationen wieder verlieren.

Auch in klassischen Parteien wird das Agendasetting oft von wenigen Personen bestimmt. Hier jedoch ist es transparent, von der Basis beeinflussbar und der alleinigen Macht des Vorstands entrissen. 

7.) Anmerkungen zum Fazit:
"So ziemlich alle Vorteile von Liquid Feedback bleiben ohne Delegationen erhalten. Wir hätten weiterhin eine bundesweite Plattform zur Präsentation von Ideen, könnten weiterhin Unfug und Spam über Quoren ausfiltern, könnten immernoch Verbesserungen und Alternativen sammeln und in Meinungsbildern die Stimmung zu den Punkten in der Partei messen."
Das stimmt nicht. Das Abschalten der Delegationen verändert die Machtverteilung in Liquid Feedback massiv. Meiner Meinung nach wären dies die Folgen:
  • Wenn überhaupt steigt der Anteil derjenigen, die "selbst" abstimmen "etwas" an. Die Ergebnisse werden wahrscheinlich sich nicht stark ändern, da ich mich auch in Zukunft an den Empfehlung meiner bisherigen Delegations-Empfänger orientieren würde. Es wäre nur mehr Aufwand deren Meinung jeweils einzuholen. 
  • Besonders aber in der extrem wichtigen (zeitintensiven) vorgelagerten Debatten, ist eine Zunahme der Teilnahme nicht zu erwarten. Folge wird sein, dass sich hier diejenigen mehr durchsetzen können, die (wie auf den Mailinglisten) zeitintensiv arbeiten können. 
    • Folge A: Die Anfälligkeit gegenüber Trollen innerhalb von Liquid Feedback steigt, da sinnlose Anregungen nicht mehr "schnell" abgewählt werden können. 
    • Folge B: Verteilungs-Debatten (Alles rund um soziale Gerechtigkeit, Arbeitsrecht, BGE, HartzIV etc.) werden aber nicht mehr adäquat abgebildet, da nicht mehr deutlich wird, wer wie viele Personen hinter sich scharen kann. 
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"Die Experten zu verschiedenen Themen müssten ihre Ansichten auch tatsächlich kommunizieren, um ihren Willen weiterhin durchzusetzen. Die breite Parteibasis müsste mehr mitgenommen und überzeugt werden, wodurch wir letztlich einen größeren Austausch über die Themen und auch mehr Know-How-Transfer hätten."
Dies ist eine Vision, die die Basisdemokratie-Propheten der Grünen Partei seit Jahrzehnten versprechen. Die Realität sieht leider anders aus. Die klassische Basisdemokratie führt nur bei einer extrem aktiven Basis tatsächlich zu einem gerechten Abstimmungsergebnis.
Warum ist das so? Nun: Sämtliche bisher durchgeführte basisdemokratischen Beteiligungs-Methoden sind sehr zeitintensiv. Dies ist übrigens auch gut so, denn nur eine gute Debatte verhindert populistische, qualitativ-schlechte Ergebnisse. Eine gute Debatte dauert jedoch stets länger, je mehr Menschen daran teilnehmen. In der Folge erinnern die Grünen Parteitag der Anfangszeit an wüste Diskussions-Foren.
Die Zeit für die Debatte kann durch Beruf und familiäre Verpflichtungen dabei längst nicht jeder aufbringen. Arbeiter und Arbeitnehmer werden so systematisch diskriminiert. Dass Die Grünen heute eine Partei der Besserverdienenden CDUler (mit grünem Anstrich) sind, ist sicher auch darin zu begründen.

Denn in einer basisdemorkatischen Debatte ist die wichtigste Ressource Zeit. In der Folge konzentriert sich die Macht bei den "Zeit- und Aktivisteneliten". Die endlosen Debatten führen, ähnlich wie zurzeit in der Piratenpartei auf der Mailingliste, gleichzeitig zu Frust bei denjenigen, die nicht so viel Zeit haben. Mitglieder ziehen sich zurück und die End-Abstimmungen repräsentieren nur noch die übrig gebliebene Zeit-Elite.

Die Liquid Democracy wollte genau dieses Problem umgehen. Auch die Parteimitglieder mit wenig Zeit sollen die grundsätzliche Ausrichtung der Partei durch eine Delegation beeinflussen können. Anders als bei den Grünen in den 80iger Jahren sind die "mächtigen" Delegations-Empfänger in der Piratenpartei, wie sich nun zeigte, eben *nicht* die "Lauten" und "Aktiven". Mit Maha konnte ein Pirat das meiste Vertrauen gewinnen, der (meines Wissens nach) nicht mal auf der "Aktiven-Mailingliste" angemeldet ist. Welche Chance hätte diese - ich möchte sie mal "ruhige Stimme der Vernuft" nennen - wenn sich Maha künftig wieder in die Niederungen der aufgeregten Debatten auf den Mailingliste begeben müsste?

--
"Die Aussagekraft der Ergebnisse würde sich allerdings deutlich verbessern."
Dies kann nur jemand behaupten, der eben (auch am Ende des Textes) jegliche Bedeutung von Delegationen schlicht leugnet. Wer bist Du, dass Du Dir erlaubst, die Delegationen zahlreicher Piraten permanent aus jeglichen Ergebnissen herauszurechnen? Du diskriminierst damit die demokratisch abgegebenen Stimmen als irrelevant. Nur weil sich Piraten aus Zeitmangel an anderen orientieren, denen sie vertrauen. 

Ich orientiere mich auch beim Parteitag bei anderen Piraten. Und diese vielleicht auch wiederum bei anderen Piraten. Wer weiß - vielleicht sind auch Abstimmungen bei Parteitagen nichts anderes als große Delegationsketten? Wollen wir jetzt in Zukunft auch bei Parteitag alle die rausrechnen, die sich bei ihre Stimmabgabe am Votum ihres Parteifreunds orientiert haben? Wollen wir alle die rausrechnen, die sich nicht an der Debatte beteiligt haben, die nicht am Mikrofon standen? Meiner Meinung nach ist eine aktiv gesetzte Delegation, eine bewusste Entscheidung.

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"Für die oben genannten Änderungen, oder überhaupt irgendwelche Änderungen, die den Willen der Partei umsetzen, halte ich auch für unverzichtbar ein eigenes Entwicklerteam aufzubauen, das Liquid Feedback für die Piratenpartei forkt."
Hmm. Sicher wäre es schön, wenn es Leute gäbe, die das täten. Da es ein Open-Source Projekt ist und sich auch schon bisher niemand fand, bin ich jedoch pessimistisch. Die klügere Strategie fände ich es, wenn einige der von uns allen gewünschten Funktionen (bessere UI, bessere Sichtbarkeit von Delegationsempfängern, bessere Sichtbarkeit vergangener Delegationen, Nachrichten-System, Verfall von Delegationen nach Zeit etc) einfach mit dem entsprechenden Betrag in Auftrag gegeben werden. 

Spätestens nach dem Attacken der letzten sechs Monate könnte ich mir vorstellen, dass es schwer ist für die Programmierer freiwillig noch mehr "Freizeit" zu opfern, um für diesen (oft) undankbaren "Verein" zu programmieren. Ich denke hier könnten schon kleine Beträge viel erreichen. Und es können ja Kostenvoranschläge eingeholt werden (bevor hier wieder eine Neid-Debatte entflammt). 
"Schafft es der Vorstand hier entsprechende Kapazitäten aufzubauen (sprich: die Leute dafür zu finden), können wir das System endlich nach unseren Vorstellungen gestalten."
Dafür wäre ein klares Bekenntnis der Parteibasis für eine "flüssige" Demokratie sicher von Vorteil. Wenn es nur um ein Voting-System ohne Delegation geht, ist dies wahrscheinlich alles auch billiger und einfacher zu haben. 
"Ich hoffe sehr, dass der neue Vorstand einen solchen Weg einschlagen wird, dabei Erfolg hat und von den Parteimitgliedern unterstützt wird, sowohl in praktischer Programmierarbeit als auch im Willen zum Kompromiss und zur Versöhnung."
Dies hoffe ich auch. Schon allein deshalb, damit meine Magisterarbeit in einigen Monaten nicht völlig überflüssig ist... ;) 
"Bitte schmeißt die Gelegenheit dazu nicht einfach weg und lasst uns dieses Potenzial heben!"
+1


P.S.: 

Natürlich hat StreetDogg dennoch Recht, wenn er kritisiert, dass sich nur wenig Piraten direkt und selbst in die Debatte und in die Abstimmungen einbringen. Hier ist zum einen der neue Bundesvorstand gefordert, Liquid Feedback sowohl passiv (die Ergebnisse) als auch aktiv (Themen zur Abstimmung stellen!) "ernsthaft" zu nutzen. Zum anderen sind wir alle gefordert, uns nicht bequem zurück zu lehnen. Mitmach-Demokratie ist angstrengend, Anträge schreiben und überarbeiten auch. Ich kann leider in diesem Fall nicht mit leuchtendem Beispiel voran gehen. Dennoch halte ich StreetDoggs grundsätzlichen Wunsch für nachvollziehbar: Natürlich ist die beste Beteiligung stets die direkte "eigene" Beteiligung. Wir müssen nur aufpassen, dass wir nicht diejenigen ausgrenzen, die sich diese intensive Arbeit zeitlich nicht leisten können. *Appell Ende*

26 Kommentare:

  1. wow. danke für den tollen post. ich kann dem zu 99% zustimmen. abgesehen von der grundsätzlichen meinungsdifferenz ob basisdemokratie ohne delegation oder ein system mit freiwilliger dynamischer delegationsmöglichkeit jetzt demokratischer ist, bringt streetdog viele gute konkrete hinweise um das system zu verbessern.

    die wichtigsten:

    1.
    ich glaube der größte fehler der bei der aktuellen lqfb implementierung gemacht wurde ist der fehlende automatische delegationsverfall. die konkreten probleme damit wurden IMHO korrekt beschrieben. 3 monate erscheinem mir dafür als sinnvoller wert - super wenn das jetzt so umgesetzt wird.

    2.
    der aktuelle vorstand nutzt das feedback nicht wie versprochen aktiv sondern ist eher genervt davon, so scheint es mir. ich wünsche mir dass der zukünftige vorstand öfter zu wichtigen themen per emailbenachrichtigung einladen würde und die ergebnisse dann auch ernst genommen werden.

    3.
    die intransparenz des systems ist ein massives problem. vertrauensvolles delegieren und beendigung derjenigen geht nur wenn ich klar nachvollziehen kann was mit meiner stimme passiert. ich würde allerdings nicht wie du sagen dass durch kettendelegation automatisch meine stimme zu den kompetenten wandert und dadurch bessere ergebnisse erreicht werden, schließlich entscheidet jeder node für sich selbst, auch wenn bei steigendem delegationsjuice vermutlich mehr incentives sich eingehender mit initiativen oder der delegationssuche da sind. ich glaube das funktioniert nur gut wenn größtmögliche transparenz über das delegationsverhalten herrscht. ich glaube genau das ist auch das was viele mit usability-problem meinen - weniger das fehlende eyecandy.

    also nochmal danke, so geht konstruktive debatte :)

    korbinian

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  2. „Und die Zahl der 500 bis 600 Aktiven vor dem Themenparteitag stellen ja nur wirklich die "dauerhaft" Aktiven dar. Da Streetdogg sich "weigert" Delegationen als Meinungsäußerung zu akzeptieren, löscht er diese in seiner "Aktiven"-Statistik regelmäßig. Zählte man sie hinzu kommen man regelmäßig auf 800 bis 1000 Beteiligte.“

    Ich denke hier sollte nicht nur Streetdogg problemlos erkennen können, dass du wohl schon lange keinen Blick mehr in LQFB geworfen hast, außer du zählst mittlerweile jede Delegation bereits doppelt oder dreifach. ;)

    „Ein Pirat kann nun mit seiner Delegation auf einem dieser "Persönlichkeiten" den jeweiligen Parteiflügel und somit auch - ohne viel Aufwand - die grundsätzliche Parteiausrichtung seiner Partei beeinflussen.“
    Das ist wirklich das einzige Argument pro Delegation, was auch in deinem sehr langen Text steckt. Aber auch hier sollte man noch ein bisschen über den Tellerrand schauen. Wollen wir wirklich analog der anderen Parteien ein Lagerdenken mit immer härteren Fronten fördern, wo jeder eine Stimme in eine feste Ausrichtung setzt und Diskussionen keinerlei Ergebnisse bringen, weil das Lagerdenken wichtiger ist und durch die Delegationen und das „lass denken“ statt „denke selbst“ sämtliche Weiterentwicklung über das Lagerdenken hinaus von Grund auf verhindert werden?

    „Im Liquid Feedback wird "viel Aktivität" zwar auch belohnt, jedoch nicht allein. Meiner Beobachtung nach bekommen vor allen diejenigen viele Delegationen, die neben einem aktiven Engagement in Liquid Feedback auch eine glaubwürdige, authentische öffentliche Selbstdarstellung bieten (z.B. auf Twitter, in Blogs oder beruflich). Wer laut ist, sich Menschen-verachtend äußert, pöbelt, oder extreme Positionen vertritt, ist weniger erfolgreich.“
    Damit bestätigst du, dass in LQFB die Zeitelite gewinnt und die nicht so Aktiven nur noch als Delegationsvieh herhalten, vor allem, wie du im letzten Satz dann verdeutlichst, für die Populisten in der Partei, die sich besonders davor hüten jemals bei einem kritischen Thema eine klare Meinung öffentlich zu äußern.

    „Die Topdelegierten zeichnen sich in der Regel durch ein großes Interesse an konstruktiver Kritik und gehen in der Regel auf kontruktive Vorschläge ein.“

    Diese Erfahrung habe ich genau umgekehrt gemacht. Gerade die Topdelegierten waren diejenigen, die alles im Alleingang bestimmen wollten und überhaupt kein Interesse hatten auf Kritik oder konstruktive Verbesserungsvorschläge überhaupt einzugehen. Was auch vollkommen logisch ist, denn wenn ich eh allein entscheide ist der Anreiz auf andere einzugehen und einen Konsens zu finden doch wesentlich geringer, als wenn ich diese Aktiven und evtl. auch tiefer in der Materie stehenden Experten überzeugen muss, um die Initiative durchzubringen. Häufig reicht es einfach aus populärer zu sein, Expertenwissen ist eher Beiwerk, wenn nicht sogar vollkommen überflüssig, um Topdelegierter zu werden und alle (anderen) Experten in Grund und Boden zu stimmen.

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  3. „So banal es ist. Ich glaube wenn wir Delegationen abschalten, werden Abstimmung in der Partei kein "gerechteres", sondern ein ungerechteres Abbild darstellen. Die Erfahrungen zeigen, dass sich dann wieder Strukturen verkrusten und einmal gewählte Vorstände "ihre Macht" nach unten durchsetzen können (vgl. letzten Absatz über Grüne hier). Ist es nicht bezeichnend, dass selbst der aktivste Befürworter von Liquid Feedback im Bundesvorstand, Christopher Lauer, - trotz seiner Bekanntheit in der Partei und trotz seiner vielen Reiseaktivitäten, - eben *nicht* die meisten Delegiertenstimmen bekommen hat? Warum entscheiden sich die Leute für den wesentlich ruhiger auftretenden "alten" Professor Martin Haase?“

    Christopher ist jemand der sich auch bei kritischen Dingen äußert, Martin jemand der sehr populistisch auftritt, bei Delegationen ist klar wer am Ende gewinnt. Und dabei denke ich, dass abgesehen von den LQFB Dingen sich viele Piraten eher mit den politischen Ansichten von Christopher als denen von Martin identifizieren würden. Wenn z.B. alle anonym an LQFB teilnehmen und niemand wüsste welcher Nutzer Christopher oder Martin wäre, würden sicherlich mehr Leute an Christopher als an Martin delegieren.

    „"Es gibt keine technische Begrenzung des Stimmgewichts einer Person. Das System lässt es ohne auch nur im Entferntesten mit der Achsel zu zucken zu, dass alle Stimmen an eine einzige Person übertragen werden, die dann im Alleingang das Ergebnis bestimmt."
    Ja, warum auch nicht? Wenn "alle" Piraten einzeln und in freiem Willen entscheiden, dass unter ihnen eben dieser "einer" derart viel Kompetenz mitbringt, dass er die besten Entscheidungen trifft, dann soll die Software das auch abbilden. So wie wir Netzneutralität von den Telekoms fordern, sollten wir auch Politneutralität von unserer zentralen Meinungsbildungs-Software fordern. Praktischerweise ist sie schon umgesetzt ;)“

    Hier machst du einen Fehler. Warum entmachtest du den eigtl. Stimminhaber? Wieso soll dieser nicht sagen dürfen MEINE STIMME darf nicht weitergeben werden, weil ich weiß Person x wird so stimmen wie ich das wünsche und eine weitere Person y eventuell nicht?

    Du gehst hier einfach davon aus, dass jeder an einem Findungsprozess teilnehmen möchte, an dessen Ende das beste Ergebnis steht. Aber genau das widerspricht auch deinem einzigen Argument für Delegationen, du erinnerst dich das Argument mit dem Lagerdenken. Denn wenn ich z.B. auf einen „Linken“ delegiere, dann will ich eben nicht unbedingt, dass am Ende die Stimme bei Maha oder einem Ähnlichdenkenden landet, der dann z.B. gegen einkommensabhängige Steuern ist und am liebsten einkommensunabhängige Steuern nach oben schrauben will.

    „Dies als "Fehler" zu bezeichnen finde ich gerade in diesem Beispiel besonders absurd, da Maha eine generelle, globale Delegation zu Korbinian hat. Wer also auf Maha delegiert, sollte wissen, dass "schlimmstenfalls" "immer" Korbinian dran kommt. Wer damit nicht klar kommt, sollte generell nicht auf Maha delegieren.“

    Warum willst du den Stimminhaber so einschränken? Warum sollte er nicht festlegen können, ich delegiere zu x, aber dieser darf meine Stimme nicht weitergeben? Wieso soll der eigtl. Stimminhaber so wenig Macht über seine eigene Stimme haben? Etwa zum Wohle des erhofften Findungsprozesses, der den Kompetentesten unter den Kompetenten ermitteln soll, aber eher den Populistischsten unter den Populisten findet?

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  4. „Wie oben argumentiert, ist dies im Sinne des Systems. Wer ein Problem mit den Delegationsempfängern hat, hat (im Gegensatz zur klassischen Parteipolitik) jederzeit die Möglichkeit zu erfahren, wie sich die Unterstützer, z.B. für maha, zusammensetzen. Im Gegensatz zu klassischen (intransparenten) Parteipolitik kann daraufhin jeder versuchen, mahas Unterstützer abzuwerben oder von der "Gefährlichkeit" von Maha zu überzeugen.“

    Die bisherige Parteipolitik ist nicht durchweg intransparent, das kann eigtl. nur jemand sagen, der den Ist-Zustand nicht kennt oder verfolgt. Natürlich ist auch in anderen Parteien so gut wie alles nachverfolgbar, auch wenn die Ergebnisse teilweise sehr schwer hinzunehmen sind. Und ob eine Entscheidung von Maha oder Merkel kommt ist dabei nicht wesentlich verschieden. Es ist in jedem Fall so, dass die Basis nur Stimmvieh ist und ansonsten Entscheidungen von denen getroffenen werden die sich selbst gut und populistisch verkaufen können. Und die aktive Basis spielt keine Rolle, da die inaktive Basis per Delegation auf Populismus reinfällt, weil sie durch ihre Inaktivität keine Ahnung hat, wie es besser ginge.

    „"Die Experten zu verschiedenen Themen müssten ihre Ansichten auch tatsächlich kommunizieren, um ihren Willen weiterhin durchzusetzen. Die breite Parteibasis müsste mehr mitgenommen und überzeugt werden, wodurch wir letztlich einen größeren Austausch über die Themen und auch mehr Know-How-Transfer hätten."
    Dies ist eine Vision, die die Basisdemokratie-Propheten der Grünen Partei seit Jahrzehnten versprechen. Die Realität sieht leider anders aus. Die klassische Basisdemokratie führt nur bei einer extrem aktiven Basis tatsächlich zu einem gerechten Abstimmungsergebnis.
    Warum ist das so? Nun: Sämtliche bisher durchgeführte basisdemokratischen Beteiligungs-Methoden sind sehr zeitintensiv sind. Dies ist übrigens auch gut so, denn nur eine gute Debatte verhindert populistische, qualitativ-schlechte und un-nachhaltige Ergebnisse. Eine gute Debatte dauert jedoch stets länger, je mehr Menschen daran teilnehmen. In der Folge erinnern die Grünen Parteitag der Anfangszeit an wüste Diskussions-Foren.
    Die Zeit für die Debatte kann durch Beruf und familiäre Verpflichtungen dabei längst nicht jeder aufbringen. Da Zeit jedoch in einer basisdemorkatischen Debatte die wichtigste Ressource ist, konzentriert sich die Macht bei den Zeit- und Aktivisteneliten. Die endlosen Debatten führen, ähnlich wie zurzeit in der Piratenpartei zu Frust. Mitglieder ziehen sich zurück und die Abstimmungen repräsentieren nicht mehr zwingend die Parteibasis.“

    Erstmal zum letzten Satz, die Abstimmungsergebnisse in LQFB repräsentieren nicht die Parteibasis, sondern die Meinung der Topdelegierten. Wer etwas anderes behauptet hat sich nie die Mühe gemacht zu vergleichen, wie häufig Abstimmungen in LQFB und auf dem Parteitag auseinanderklaffen genauso wie die LQFB-Abstimmungen mit Delegationen und denen wo man diese abzieht, also nur die aktiven Stimmen für die jeweilige Initiative zählt. Man sieht so häufig, wie das auseinanderklafft und das zeigt, wie sehr die (aktive) Basis von den Topdelegierten ignoriert wird und wie wenig die Basis überhaupt weiß, was die Topdelegierten so treiben.

    „vielleicht sind auch Abstimmungen bei Parteitage nichts anderes als große Delegationsketten?“

    Es werden sich wohl immer Menschen an anderen Menschen orientieren. Ich persönlich fände allerdings prinzipiell eine Einstellung gut bei der jeder auch mal den Mut hat sich zu enthalten, wenn er keine Ahnung hat, statt auf Krampf zu versuchen wirklich überall (durch fire and forget Delegationen) mitzureden.

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  5. Ebenfalls danke für diesen Post, dem ich ganz stark zustimmen möchte.
    Ein paar Anmerkungen:

    1. Auch ich halte Delegationen für einen (wenn nicht sogar DEN) großen Vorteil der "flüssigen" Demokratie. Das kommt mir total entgegen, denn:

    2. Ich möchte vieles selbst entscheiden, aber ich möchte eben auch die Möglichkeit haben, pro Thema festzulegen, wem ich zutraue, das "am besten zu wissen".
    (Ok, bin ich vielleicht ein untypischer Waehler?)

    3. Ich vermisse sogar ganz stark die Möglichkeit, auch "offline" meine Stimme jemandem zum Parteitag "mitzugeben", von dem ich weiß, daß er in meinem Sinne entscheiden würde...

    4. Wenn ich der Meinung bin, daß ein Anderer etwas am besten entscheiden kann, warum soll ich ihm dann nicht zutrauen, daß seine richtige Entscheidung nun einmal die ist, einen Dritten zu befragen??

    5. Das einzig große (noch ungelöste) Problem ist: Wie kann ich die "Inaktiven" dazu ZWINGEN, sich wenigstens mit den Konsequenzen ihrer Delegation auseinanderzusetzen?
    Es soll ja Piraten geben, die jede Menge Delegationen auf sich vereinen und dann an keiner einzigen Abstimmung teilnehmen...! *grummel*
    Hier müsste immer die automatische Mail rausgehen: "Soeben hat dein Abgeordneter deine Stimme verfallen lassen."
    (Aber vielleicht verschwinden solche Mails ja dann im Spam-Filter?)

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  6. "(Ok, bin ich vielleicht ein untypischer Waehler?)"

    Du bist ein sehr typischer Wähler, denn auch viele andere trauen sich nicht einfach mal zur Enthaltung und delegieren wild rum, mit den von SD an Hand harter Fakten aufgezeigten negativen Folgen.

    "warum soll ich ihm dann nicht zutrauen, daß seine richtige Entscheidung nun einmal die ist, einen Dritten zu befragen??"

    Hier geht es nicht um "soll", sondern du "musst" ein grenzenloses oder gar kein Vertrauen investieren, es gibt (gewollt) nichts dazwischen, so dass wir zwar im Grunde z.B. eher sozial in der Basis eingestellt sind, aber jemand wie Maha, der eher ein FDP-Steuersystem präferiert am Ende eine weniger soziale Politik beschließen würde.

    Und hier liegt der Hase im Pfeffer, jemand der nicht die Zeit hat sich intensiv mit BGE-Modellen und wirtschaftlichen Zusammenhängen zu befassen, der wird nicht merken, dass ein BGE nach Maha durch eine extreme Umverlagerung auf Konsumsteuern am Ende auf einen Sozialabbau hinausläuft, während z.B. Aloa5, der ein Experte ist, obwohl er auch immer mal was übersieht, nicht so viel Einfluss bekommt wie Maha, weil er weniger populär und populistisch auftritt.

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  7. Antwort auf LordSnow:

    "Ich denke hier sollte nicht nur Streetdogg problemlos erkennen können, dass du wohl schon lange keinen Blick mehr in LQFB geworfen hast, außer du zählst mittlerweile jede Delegation bereits doppelt oder dreifach. ;)"

    << Ich bezog mich auf die Zeit bis zum ersten Themenparteitag. Das danach die Teilnahme abgesunken ist, stimmt. Es wird zurzeit aber auch kein Themenparteitag vorbereitet.


    "Wollen wir wirklich analog der anderen Parteien ein Lagerdenken mit immer härteren Fronten fördern, wo jeder eine Stimme in eine feste Ausrichtung setzt und Diskussionen keinerlei Ergebnisse bringen, weil das Lagerdenken wichtiger ist und durch die Delegationen und das „lass denken“ statt „denke selbst“ sämtliche Weiterentwicklung über das Lagerdenken hinaus von Grund auf verhindert werden?"

    << Ich glaube nicht, dass Delegationen dies befördern. Richtig ist allerdings, dass es gerade bei Fragen zur Verteilung Lager gibt. "Mehr Steuern für Reiche" oder "Weniger Steuern für Reiche" ist eine Verteilungsfrage. Ich denke eine solche Entscheidung sollte nicht durch endlose Kompromisse (vgl. SPD Flügelkämpfe) in Kompromissen kaputt gemacht werden. Es muss auch möglich sein, dass sich ein Flügel der Partei einmal durchsetzt.

    "Damit bestätigst du, dass in LQFB die Zeitelite gewinnt und die nicht so Aktiven nur noch als Delegationsvieh herhalten, vor allem, wie du im letzten Satz dann verdeutlichst, für die Populisten in der Partei, die sich besonders davor hüten jemals bei einem kritischen Thema eine klare Meinung öffentlich zu äußern."

    << Nein, das bestätige ich nicht. Richtig ist, dass man in LQFB aktiv sein muss, wenn man Delegationen erhalten will. Niemand delegiert an jemanden, der sich nicht mehr um seinen Account kümmert. Aber der stärkste Delegations-Empfänger (maha) sagt beispielsweise, dass er nur rund 2h pro Woche für LQFB aufwendet. Weit weniger als ich für die Mailingliste hier ;)

    << Woher nimmst Du, dass LQFB populismus schürt? Kannst Du das mit irgendwas begründen?


    "Diese Erfahrung habe ich genau umgekehrt gemacht. Gerade die Topdelegierten waren diejenigen, die alles im Alleingang bestimmen wollten und überhaupt kein Interesse hatten auf Kritik oder konstruktive Verbesserungsvorschläge überhaupt einzugehen. Was auch vollkommen logisch ist, denn wenn ich eh allein entscheide ist der Anreiz auf andere einzugehen und einen Konsens zu finden doch wesentlich geringer, als wenn ich diese Aktiven und evtl. auch tiefer in der Materie stehenden Experten überzeugen muss, um die Initiative durchzubringen. Häufig reicht es einfach aus populärer zu sein, Expertenwissen ist eher Beiwerk, wenn nicht sogar vollkommen überflüssig, um Topdelegierter zu werden und alle (anderen) Experten in Grund und Boden zu stimmen."

    << Gut - hier steht jetzt Aussage gegen Aussage. Ich habe anderes gehört.



    "Christopher ist jemand der sich auch bei kritischen Dingen äußert, Martin jemand der sehr populistisch auftritt, bei Delegationen ist klar wer am Ende gewinnt."

    << Martin Haase als Populist zu bezeichnen ist schon gewagt ;)

    "Und dabei denke ich, dass abgesehen von den LQFB Dingen sich viele Piraten eher mit den politischen Ansichten von Christopher als denen von Martin identifizieren würden."

    << Witzig ist, dass Christopher genau im Themenbereich LQFB-Systembetrieb die meisten Delegationen besitzt, nicht bei sonstigen Themen. Widerspricht Deiner These etwas, oder?

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  8. "Wenn z.B. alle anonym an LQFB teilnehmen und niemand wüsste welcher Nutzer Christopher oder Martin wäre, würden sicherlich mehr Leute an Christopher als an Martin delegieren."

    << öhm - und wenn die FDP nicht FDP hieße sondern "anonym" würden sich auch alle für sie entscheiden??!


    "Hier machst du einen Fehler. Warum entmachtest du den eigtl. Stimminhaber? Wieso soll dieser nicht sagen dürfen MEINE STIMME darf nicht weitergeben werden, weil ich weiß Person x wird so stimmen wie ich das wünsche und eine weitere Person y eventuell nicht?"

    << Ich entmachte niemand. Es ist Deine Entscheidung wenn Du Deine Stimme weitergibst. Damit übergibst Du jedoch auch die Verantwortung. Was Du hier forderst ist ein imperatives Mandat. Dies entspricht einer Kontrollwut, bei der ich Dir eher empfehlen würde auf Delegationen ganz zu verzichten.


    "Denn wenn ich z.B. auf einen „Linken“ delegiere, dann will ich eben nicht unbedingt, dass am Ende die Stimme bei Maha oder einem Ähnlichdenkenden landet, der dann z.B. gegen einkommensabhängige Steuern ist und am liebsten einkommensunabhängige Steuern nach oben schrauben will."

    << Wenn mein linker Experte der Meinung ist, dass in einer Einzelfrage mal ein Konserativer entscheiden sollte, dann muss ich entweder damit leben oder meine Delegation entziehen. Imperative Mandate, wie Du sie forderst, entsprechen der "direkten" Demokratie, jedoch nicht der "liquid" Democracy.


    "Warum willst du den Stimminhaber so einschränken? Warum sollte er nicht festlegen können, ich delegiere zu x, aber dieser darf meine Stimme nicht weitergeben? Wieso soll der eigtl. Stimminhaber so wenig Macht über seine eigene Stimme haben? Etwa zum Wohle des erhofften Findungsprozesses, der den Kompetentesten unter den Kompetenten ermitteln soll, aber eher den Populistischsten unter den Populisten findet?"

    << Es geht darum, dass Du jemanden mit Deiner Delegation vertrauen sollst. Wenn Du dieses Vertrauen an Bedingungen setzen willst, machst Du die ganze Delegations-Idee kaputt. Dann lass es einfach mit der Delegation.

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  9. "Die bisherige Parteipolitik ist nicht durchweg intransparent, das kann eigtl. nur jemand sagen, der den Ist-Zustand nicht kennt oder verfolgt."

    << Sie ist durchdrungen von Lobbyismus und zentralisierten Entscheidungen der Parteiführung. Die Basis hat wenig zu sagen. Es geht um die Änderung dieses Misstandes. Wenn Du eine andere Einschätzung des Ist-Zustandes hast, ist das natürlich möglich. Ich sehe es anders.

    "Erstmal zum letzten Satz, die Abstimmungsergebnisse in LQFB repräsentieren nicht die Parteibasis, sondern die Meinung der Topdelegierten."

    << Und diese genießen nun einmal das Vertrauen der Basis. So einfach ist es. :)

    "Wer etwas anderes behauptet hat sich nie die Mühe gemacht zu vergleichen, wie häufig Abstimmungen in LQFB und auf dem Parteitag auseinanderklaffen"

    << Hast Du eine Quelle / statistische Auswertung? Und selbst wenn: Eine gewisse Variation halte ich für Selbstverständlich. Wahrscheinlich würde man nicht einmal die selben Ergebnisse erhalten, wenn man den selben parteitag mit den selben Personen erneut durchführt.

    genauso wie die LQFB-Abstimmungen mit Delegationen und denen wo man diese abzieht, also nur die aktiven Stimmen für die jeweilige Initiative zählt. Man sieht so häufig, wie das auseinanderklafft und das zeigt, wie sehr die (aktive) Basis von den Topdelegierten ignoriert wird

    << a) Hast Du eine Quelle / statistische Quelle? b) Es ist der SINN der Delegationen, dass die Delegationsempfänger im Sinne ihrer Delegations-Absender handeln, NICHT im Sinne derjenigen, die selbst abstimmen. Ich verstehe nicht, wieso sie auf diese hören sollten. Dann könnte man ja Delegationen abschalten.

    "und wie wenig die Basis überhaupt weiß, was die Topdelegierten so treiben."

    << Hier herrscht ein Informationsdefizit, stimmt !



    Viele Grüße
    LordSnow


    << Gruß zurück !

    (p.s. ich poste diese Antwort auch unter meinem Blogeintrag)

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  10. "Du bist ein sehr typischer Wähler, denn auch viele andere trauen sich nicht einfach mal zur Enthaltung und delegieren wild rum, mit den von SD an Hand harter Fakten aufgezeigten negativen Folgen."

    Also, ich sehe im Normalfall 400 Stimmen bei 12000 Piraten (bzw. 3600 registrierten Nutzern).
    Das sind für mich ca. 97% (bzw. 89%) Enthaltungen. :-(

    Ich weiß nicht, ob Du mein Abstimmverhalten verfolgst, (das solltest gerade Du, Rene) ;-)
    aber ich delegiere nur sehr selten, ich tu es, aber nur in Ausnahmen.
    Wenn ich mich enthalten will, melde ich kein Interesse an. (oder stimme mit Nein)

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  11. Hallo Sebastian,
    ich springe mal auf die Metaeben (die wir auch beim openliquid angestreift haben:)
    Du siehst Liquid Democracy ja als ein System an, welches Vorteile im Vergleich von den in anderen Parteien genutzten Entscheidungsstrukturen (sowohl rein repräsentative als auch direktdemokratische) bringt. Gleichzeitig hälst du aber an zahlreichen Systemfehlern der bestehenden Systeme fest und verwendest sie sogar als Referenz (z.B. wenn du beim Lagerdenken an andere Parteien verweist) und bist nur bereit, an einer einzigen Schraube - der Kombination von direkten und delegierten Stimmabgaben - zu drehen. Das ist bereits an sich unlogisch, denn es gibt keinen Grund, sich bei der Entwicklung eines neues Systems auf einen bestimmten Fehler des alten Systems zu konzentrieren und alles andere unverändert lassen. Im konkreten Fall hat das noch gravierendere Folgen, da ein "naives" Liquid-System (wie es in LQFB implementiert wird) verstärkt bestimmte Systemfehler enorm - so wird die Möglichkeit geschaffen, einem Parteimitglied die 100%ge Entscheidungsgewalt zu übertragen, was bei keinem starren Delegiertensystem anderer Parteien möglich ist.

    Grüße,
    Boris

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  12. Eieiei. Eieieieiei...

    Ich bin wohl in einigen Punkten gründlich missverstanden worden. :/


    Das wird jetzt etwas unübersichtlich, aber der Reihe nach:

    Zu 1.)
    Von einem Fehlstart schreibe ich gar nichts. Der Start war eigentlich ganz okay. Er hinkt dem Gedanken, mehr Leute einzubeziehen als das auf dem BPT geht, ein wenig hinterher, aber am Anfang ging die Beteiligung noch so einigermaßen. Was ich schreibe ist, dass die Benutzer dem System im großen Maßstab nicht treu geblieben sind und es wieder links liegen lassen haben. Durch dieses zuerst aktiv und dann inaktiv ergeben sich ja auch einige der Probleme überhaupt erst.

    Außerdem wundere ich mich sehr, dass du schreibst, dass meine Zahlen 500-600 "direkte" Teilnehmer im Schnitt bis Chemnitz ausweisen würden. Es gibt überhaupt im ganzen System nur zwei Themen mit über 500 direkten Teilnehmern, nämlich #19 und #43.
    Wir sprechen doch hiervon, oder?
    http://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:SD/Delegationen_in_LQFB/Abstimmungen#Alle_Themen_.28ohne_Sandkasten.29
    Und mit "direkt" meinst du doch diejenigen, die selbst auf abstimmen gedrückt haben und dann irgendwas abgestimmt haben, oder?
    Die Themen in der Grafik sind chronologisch sortiert. Die ersten knapp 300 davon waren vor Chemnitz. Der Schnitt davon liegt bei ca. 213 "direkten" Teilnehmern. Ich glaube du verwechselst da was mit den Grafiken.

    Von der Hälfte der 12.000 Piraten war eigentlich auch nie irgendwo die Rede. Wenn ich an die Zeit der Einführung zurückdenke, kann ich mich nur noch dunkel daran erinnern, dass man mit dem System mehr Leute beteiligen wollte als das mit Präsenzveranstaltungen (Parteitagen) geht.

    Das deine Vergleichszahlen episch hinken merkst du hoffentlich selber. ;)
    Und hoffentlich ist auch allen klar, dass gerade wir mit unseren Gewohnheiten und Arbeitsweisen ganz andere Ansprüche an so ein Online-System haben müssten.


    Dass ich mich weigern würde Delegationen als Meinungsäußerungen zu akzeptieren stimmt überhaupt nicht. Delegationen sind allerdings Meinungsäußerungen zu _Personen_ während man mit einer Abstimmung seine Meinung zu einer _Sachfrage_ äußert. Das ist ein Unterschied, deshalb sind Delegationen aber natürlich nicht "nichts". Und mit Aktivität hat das doch überhaupt nichts zu tun!? Eine Aktivität hat man von mir aus, wenn man eine Delegation setzt. Aber wenn eine Delegation _wirkt_ dann ist das keinerlei Hinweis auf Aktivität. Dazu ist ja noch nichtmal eine Kenntnisnahme von dieser Auswirkung der Delegation notwenig. Nimmt man das Stimmgewicht aus Delegationen dazu (was für die Betrachtung von Aktivität nicht sonderlich viel Sinn macht), dann kommt man bis Chemnitz auf einen Schnitt von ca. 428 und da sind sogar noch die Auto-Ablehner mit dabei.

    Die Abstimmung in Chemnitz mit der schlechtesten Beteiligung, die du gefunden hast, wurde vorher von direkten LQFB-Teilnehmern bei 32 von knapp 300 Themen geschlagen. Und wir vergleichen hier ein Online-Tool bei dem man tagelang oder sogar wochenlang Zeit hat online abzustimmen mit einer Präsenzveranstaltung an einem festen Wochenende in Chemnitz! Die beste Abstimmung aus Chemnitz wurde vom Online-Tool LQFB _zwei_ mal geschlagen. Das waren besagte #19 (das erste überhaupt abgestimmte Thema) und #43 (das hat wohl die Kernie-Seele erwärmt ;)).

    Es ist mir echt ein Rätsel, wie man sich _das_ noch schönreden kann. Und ich schaue immer wieder staunend auf die Versuche.


    zu 2.)
    Ich sehe irgendwie nicht wo den Widerspruch mir widerspricht. Meine Kernaussage ist, dass LD sich nicht einfach als Mischung aus direkter und repräsentativer Demokratie beschreiben lässt, wiel das zu kurz springt. Unter was für einem Begriff man LD eingliedert ist mir relativ egal und was die Überschrift damit zu tun haben soll und wo ich von einem Verlust der Stimme, durch die Delegation selbiger, rede, ist mir schleierhaft.

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  13. zu 3.)
    Dass die Auswahl der Delegierten zufällig erfolgt, sage ich überhaupt nicht. Was ich allerdings schon behaupten würde, ist dass die Auswahl des Delegierten in vielen Fällen (nicht in allen!) nur recht wenig mit den Themen zu tun haben, für die sie dann eingesetzt werden, also konkret wirken. Ebenso kann die Einschätzung der Kompetenz für das Thema zwar der Grund für die Delegation sein, muss sie aber nicht. Dass das nur sehr lose gekoppelt ist, führt meiner Ansicht nach dazu, dass Delegationsansammlungen nicht unbedingt viel mit dem Expertentum der beglückten Person zu tun haben. Das kann zwar so sein, muss es aber nicht. Und die Frage, welcher der Teilnehmer am System im System die meisten guten Kumpels hat, halte ich aus Sicht der Partei für unerheblich und keine brauchbare Basis für ihre Entscheidungen.

    Die Weitergabe von Delegationen verschlimmert das Problem drastisch. Aus 100 sorgfältig ausgewählten Delegationen auf Experten noch und nöcher kann mit einem Klick eine Delegation auf irgendeinen Kumpel erfolgen, die dazu führt dass eben alle 100 Delegationen auf einen Schlag vom Experten weg sind auf jemanden, der vielleicht vom Thema überhaupt keine Ahnung hat. Diese ganze Idee haut nur dann hin, wenn _alle_ Beteiligten ausschließlich sinnvolle Entscheidungen strikt nach Kompetenz treffen (und das auch beurteilen können!). Wenn einer in der Kette schludert, ist das ganze "der kennt sich aber besser aus als ich" hinüber. Bei einer einstufigen Delegation bedeutet ein großer Delegationshaufen immerhin noch, dass sich viele Leute dazu entschieden haben an diese Person x zu delegieren, aus welchem Grund auch immer. Die Weisheit der Vielen sorgt hier sozusagen dafür, dass diese Personen vermutlich wenigstens kein Vollidiot sein wird. Durch die Transitivität kann aber die Fehleinschätzung _einer_ Person zu einem Delegationshaufen bei jemand ohne jegliche Ahnung von der Sache führen. Und vor allem bei globalen Delegationen, die wegen eigener Inaktivität überhaupt nicht mehr hinterfragt werden, ist so eine Fehleinschätzung schon fast vorprogrammiert.

    Die Vorstellung, dass ein großer Delegationshaufen bedeuten _muss_, dass diese Person super kompetent ist, ist einfach eine pure Wunschvorstellung. Das System gibt das nur unter ganz bestimmten, eher unwahrscheinlichen Bedingungen her.


    "Wenn ich meine Stimme delegiere, dann sagt Streetdogg sie sei "weg"."

    Hier bin ich offenbar völlig missverstanden worden. Ich spreche überhaupt nicht davon, dass der Delegierende durch Delegation seine Stimme verliert. Ich spreche davon dass er die Kontrolle über sein Stimmgewicht verliert und dass das System es einem schwer macht nachzuvollziehen, was dann damit passiert, bzw. das überhaupt erst nach der Abstimmung wirklich ermöglicht.
    Wer seine Stimme verliert, sind unter ganz bestimmten Umständen die, die _selbst_ abstimmen. _Deren_ Stimme wird entwertet und zwar immer dann, wenn ein Topdelegierter die Mehrheit, die er braucht, auf sich selbst vereint. Tritt diese Situation ein, kann diese Person alleine bestimmen was gewinnt oder verliert. Die Stimmen der anderen, sind dann eigentlich nur noch Show. Reicht das Stimmgewicht des Topdelegierten nicht ganz, dann braucht man sehr viele Abstimmer auf seiner Seite, um ihn zu überstimmen, aber nur sehr wenige, um dessen Meinung zu einer Mehrheit zu verhelfen. Je größer der Anteil des Top-Delegierten, desto weniger kann man mit seiner eigenen Stimme bewegen. Die Delegationen sind natürlich nicht weg, im Gegenteil, die sorgen ja gerade für diesen Umstand, zumindest wenn sie direkt oder indirekt auf den Topdelegierten gehen.

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  14. Zum Thema Flügel:
    Wenn ich in dem ersten Beispiel in meinem Posting meine Stimme der "liberalen Mitte", also maha, zur Verfügung stelle, dann wirkt sie sich _trotzdem_ nicht in der liberalen Mitte aus, sondern im sozial-liberalen/links-anarchistischen Flügel, weil maha nunmal nicht abgestimmt hat und die Delegationen auf maha von korbinian genutzt wurden. Das ist doch gerade der Quark an der Sache.
    Wer auf den neo-liberal/konservativen Flügel delegiert, lehnt bei deinem Beispiel übrigens alles automatisch ab. ;) Oh, und Sekor hasst es übrigens, wenn man ihn als konservativ bezeichnet, keine Ahnung ob ihm neo-liberal mehr schmeckt. ;)

    Dann soll es wohl das Ziel der Delegationen sein, "dass aktive und vertrauenswürdige Personen in der Partei mehr Macht bekommen". Ich finde dass "aktiv" jetzt nicht unbedingt das beste Ziel ist, vor allem weil das ein recht relativer Begriff ist. Aktiv da, wo die Person Ahnung hat, würde ja schonmal reichen.
    "Vertrauenswürdig", nunja, ich übersetze das mal großzügig mit "fachlich fähig, dort wo die Macht sich auswirkt". In LQFB klappt das meiner Einschätzung nach nicht.
    Ich möchte ihm wirklich nicht zu Nahe treten, ich habe nichts gegen korbinian auch wenn er oft als Beispiel herhalten muss, aber ist er _wirklich_ der mit Abstand größte Experte für kryptographie bei Wahlverfahren, den wir in der Partei haben? Seriously? Siehe https://lqfb.piratenpartei.de/pp/initiative/show/1517.html?tab=voting
    Und das ist jetzt halt ein Beispiel aus vielen, von denen ich allerdings die meisten nicht klar einschätzen kann, weil ich die Topdelegierten nicht gut genug kenne, um sagen zu können, ob sie nun in dem Thema wirklich zigfach "vertrauenswürdiger" sind als alle anderen, oder nicht. Ich fürchte das kann ich vielen Fällen kaum einer so wirklich einschätzen, selbst die meisten derer nicht, denen er die Delegationen indirekt zu verdanken hat.

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  15. Flexibilität & Geschwindigkeit bräuchte es vor allem bei den Nutzern. Das System ermöglicht Änderungen im Handumdrehen, aber das nützt nichts, wenn die Nutzer zu träge sind, um das auch zu tun. Und ich halte das nicht nur beim ganz großen Weltuntergang für notwendig, sondern eigentlich permanent zur Feinjustierung. Im Kopf findet das immer statt, in LQFB nur bei sehr aktiven Leuten.
    Entscheidungsfähig ist eigentlich alles, was überhaupt irgendwie ein Ergebnis produziert, solange man das dann für Entscheidungen nutzen will.
    Bei der Transparenz versagt das System völlig. Man sieht überhaupt nicht, wer wieviel Macht _hat_. Man sieht nur wer beim letzten Mal wieviel Macht _hatte_ und das kann man im Nachhinein nicht mehr beeinflussen. Abzuschätzen wer beim nächsten mal wieviel Macht haben wird, geht eigentlich gar nicht. Dazu fehlt einem zumindest mal die Information, wer selbst abstimmt und wer seine Delegationen weiterschiebt. Aber selbst die Delegationen zusammenzuzählen ist allein über die Benutzeroberfläche ein unschön hoher Aufwand und ändern kann es sich auch noch bis zur letzten Sekunde.
    Und die Chancengerechtigkeit ist z.B. dadurch schon futsch, dass die Pseudonymität in dem System das einzige Angebot ist, um seine Datenschutzinteressen wahrnehmen zu können, wenn man solche Interessen denn hat.

    Das sieht nicht gut aus für den Mechanismus "LQFB".

    Die von mir vorgeschlagene Variation schwächelt eigentlich nur im Punkt Transparenz. Allerdings halte ich es für einen Irrglauben, dass die Delegationen hier so sonderlich viel mehr bringen. Diese bilden nicht das, was sowieso an Einfluss passiert, im System nach. Erstens mal gibt es diesen "Offline-Einfluss" natürlich auch an Delegationen vorbei weiterhin und zweitens sind die Delegationen bzw. ihre Nutzer viel zu träge, um die Einflüsse in ihrer Meinungsbildung und deren Änderungen präzise über Delegationen in LQFB wieder abzubilden. Heraus kommen dadurch manchmal irgendwelche "Phantomeinflüsse", die so gar nicht in der "Offline-Realität" stattfinden. Ergo verliert man auf diesem Gebiet durch ein Abschalten der Delegationen auch nicht sonderlich viel. Man schafft sogar noch Irreführungen ab. Imho würden meine vorgeschlagenen Änderungen alle 4 von dir genannten Punkte verbessern.

    Und mir ist immernoch schleierhaft, was die Delegationen, die wir in unserem jetztigen LQFB haben, an der Macht unserer Vorstände oder priviligierten Landes-Delegierten (!?) ändern. Imho nichts. Überhaupt rein gar nichts.

    Ich weiß auch nicht wie du auf Lime-Survey kommst. Die einzige Erwähnung, die Lime-Survey in meinem Text findet, ist die, dass es LQFB nicht ersetzen kann, weil es ganz andere Anforderungen abdeckt.

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  16. zu 4.)
    Hier sieht man wieder den Irrglaube, dass viele Delegationen bei Person x bedeuten würde, dass viele Personen Person x für kompetent halten. Das ist dafür nunmal keine Vorraussetzung. Wie man an meinen Beispielen sieht, können hunderte Leute ganz andere Personen für kompetent halten und haben bevor die Abstimmung zuende ist _keine Chance_ überhaupt zu wissen _wer_ denn nun die eigene Stimme benutzen wird. Das hängt nämlich überhaupt nicht alleine von der eigenen Delegationsentscheidung ab. Ein Piraten-Führer kann mit einer einzigen Delegation zum Piraten-Führer werden und die ganzen Leute, die ihn dazu gemacht haben, wissen das erst nach der Abstimmung sicher, oder erfahren vielleicht sogar nie, dass sie den Piraten-Führer gewählt haben, weil sie nicht permanent nachschauen. Wenn dieser Piraten-Führer dann mit seiner Führer-Power seine Piraten-Ermächtigungsgesetze beschließt, kann man ihm erst _hinterher_ darauf reagieren. Toll, nicht? Aber nur für's Protokoll: Du hast mit dem Godwin angefangen. ;) Ich bin nicht so der Freund von "Wir werden alle störben!"-Argumenten. ;)


    zu 5.1)
    Du hast es fast erfasst!
    Richtig: Die Machtkonzentration kommt durch Desinteresse zustande. Das ist der Punkt. Das ist der Punkt des ganzen Vortrags. Die Machtkonzentration kommt nicht durch die Summe vieler ausgeklügelter Einzelentscheidungen zustande, die per Schwarmintelligenz korbinian zum größten Experten für dieses Thema erklären, sondern durch das Nichtstun vieler Akteure bei diesem Thema. Davon rede ich doch die ganze Zeit! Das ist aufgrund der schwachen bzw. nachlassenden Aktivität zum Normal-Fall geworden!

    Ob korbinian jetzt der "schlimmste" Fall ist, der eintreten konnte, mag ich nicht beurteilen. Wichtiger finde ich, dass die Delegierenden nicht wissen, ja gar nicht wissen können, welcher Fall eintreten wird. Korbinian hatte in diesem Fall übrigens selbst auch noch eine Delegation auf fasel, der der Topdelegierte geworden wäre, wenn er abgestimmt hätte, statt korbinian. Hätten beiden nicht abgestimmt, hätte die ganze Gruppe da gemeinsam in die Röhre geschaut. Dann wäre nämlich alles verpufft. Das kommt übrigens in einigen Themenbereichen ebenfalls öfters mal vor. Da verpuffen dann ganze Delegationscluster, die durchaus groß genug gewesen wären, um Entscheidungen zu drehen, weil gar keiner aus dem Cluster mehr abgestimmt hat. Wo ist die Mitbestimmung der Delegierenden da!?


    zu 5.2)
    Wie spät die Delegationskette unterbrochen wird, ist mir relativ egal. Was mich eher stört, ist dass viele Leute hier ihre persönlichen Delegationsentscheidungen getroffen haben, aber die Frage, ob flexi jetzt 12 oder 79 Stimmgewicht hat (was ein _gigantischer_ Unterschied ist) kann von einer einzigen Person getroffen werden. Ich finde das ist ein bizarres System, um Stimmgewichte zu verteilen.

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  17. zu 5.3)
    Also erstens mal sind es rund 30, die maha "aktiv" (ich vermute du meinst direkt) zutrauen die richtige Person zu finden und nicht hundert. Und dann sehen wir hier auch, dass eine Delegationsentscheidung immer zwei Vollmachten mit sich bringt. Bisher ging es ja eher darum, dass eine Delegation bedeutet, dass man dem Empfänger zutraut richtig abzustimmen. Jetzt ist die Rede davon, dass man ihm zutraut richtig weiter zu delegieren. Tatsächlich bringt eine Delegation immer beides mit sich, ob man will oder nicht. Welches davon passieren wird, weiß man immer erst hinterher.

    Und nein, das Kollektiv schätzt nicht einzeln Kompetenzen ein, weil das dann nicht mehr das Kollektiv ist. Das Kollektiv entscheidet, was bei der Summe der Entscheidungen am Ende rauskommt. Ich rede schon absichtlich vom Kollektiv, da ja nicht irgendeine Person Michael um den Faktor 10 unterschiedlich einschätzt, sondern die Summe der Entscheidungen dieses Ergebnis mit sich bringt. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass das objektiv betrachtet stimmen kann, dass sich seine Kompetenz in diesen beiden Fragen derartig unterscheidet. Meine Vermutung ist, das das System mehr oder weniger willkürliche Entscheidungen bei der Einschätzung von Kompetenzen produziert. Wenn vielleicht auch nicht immer, so kommt es aber doch vor.

    Du hast schon recht, du hast auf maha delegiert, nicht auf Ebner. Allerdings hast du das in beiden Fällen getan. Trotzdem hat einmal der eine und einmal der andere für dich abgestimmt. Du kannst das jetzt im nachhinein feststellen, wenn du dir die Mühe machst (oder es dir jemand aufmalt :P), und dir einreden, dass das schon seine Richtigkeit haben wird. Ich halte das aber für ziemlich aus der Luft gegriffen. Ich würde sogar ganz frech behaupten, du weißt über beide Personen gar nicht genug, um das beurteilen zu können, und redest dir selbst aus dogmatischen Gründen ein, dass es so richtig sein muss. Wobei da natürlich Spekulation meinerseits dabei ist. ;)

    Und es mag sein, dass hohe Delegationskonzentrationen bei wenigen im Sinne des System sind, aber ich kritisieren ja gerade das System. ;)
    Außerdem wird mir schon seit das System läuft immer und immer und immer wieder entgegengehalten, dass sich Delegationshaufen bei der Abstimmung ja eh wieder auflösen würden. Und das kommt _gerade_ von den größten Verfechtern des Systems. Mir gegenüber wurde das auch schon als eine Art unzutreffendes Totschlagargument verwendet...


    zu 6.)
    Die Quoren sind wunderbar, allerdings halte ich es für sinnvoll, wenn sich die Entscheidung darüber, was Spam, Getrolle oder sonstiger Unfug ist, über mehrere Personen verteilt. Das wäre nämlich im Sinne der Moderationsfreiheit des Systems. Außerdem kommt eine weiter Folge von Delegationen dazu. Ich muss meinem Delegierten jetzt also schon zutrauen, dass er kompetent abstimmt, zutrauen, dass er sinnvoll weiterdelegiert und zutrauen, dass er die Unterstützerfunktion sinnvoll einsetzt. Das gibt's nur im Komplettpaket.

    Außerdem ist mein Hauptpunkt weniger, dass die Topdelegierten Quatsch durchwinken können, sondern, dass ohne die Topdelegierten kaum noch etwas durchkommt. Das liegt daran, dass die Grundgesamtheit nicht der Aktivität entspricht, da Themenbereichsmitgliedschaften auch nicht ablaufen, und das nur schwer auffällt, weil ja nicht plötzlich nichts mehr durchkommt. Nachschub kommt ja weiterhin, aber halt fast nur noch das, was mind. 1 Topdelegierter für würdig empfindet. Das Problem ist also, dass Themen, die kein Spam und kein Getrolle sind, manchmal trotzdem nicht bis zur Abstimmung kommen, weil kein Topdelegierter sie mag und die Quoren zu hoch sind, um ohne deren Unterstützung eine realistische Chance zu haben.

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  18. zu 7.)
    Komisch, ich dachte die Delegationen bilden nur sowieso vorhandene Machtverteilungen einfach transparent im System nach?!
    Ich glaube auch, dass sich die Machtverteilungen ändern würden, aber deshalb, weil ich glaube, dass diese momentan mehr oder weniger willkürlich im System zustandekommen.

    Eine Trollgefahr sehe ich überhaupt nicht. Und Personen scharen sich hinter Meinungen und wieviele das sind, wird man in den Meinungsbildern sehen. Dass die Delegationen adäquat abbilden würden, wer jetzt an wessen Entscheidung wieviel Einfluss hatte, halte ich mal sehr für ein Gerücht.

    Und wow, du bist echt kein Fan von direkter Demokratie, oder? Und was hast du immer mit deinen Mailinglisten? Keine Sau interessiert sich für Mailinglisten. Das ist eine Bühne, auf der sich jeder mal zum Lurch machen darf, damit wir vorgewarnt sind, wenn wir diesen Personen mal begegnen sollten. Zumindest die Bundes-Aktive.

    Ich leugne auch nicht die Bedeutung von Delegationen, ich versuche euch deren destruktive Eigenschaften klar zu machen. Diese werden meiner Einschätzung nach vor allem dadurch geleugnet, indem davon einfach stur ausgegangen wird, dass sich alle Benutzer strikt im Sinne der Idee des Systems optimal verhalten. Das tun sie aber nicht.
    Und ich rechne Delegationen nicht einfach aus Ergebnissen heraus, ich stelle sie getrennt dar, um die Transparenz zu schaffen, die das Systems selbst absichtlich nicht schafft. Soll doch jeder selbst entscheiden, wie er das beurteilt. Mir ging vor allem auf den Keks gefühlte 300 mal gesagt zu bekommen in Abstimmungen gäbe es kaum noch Delegationen. Das ist nämlich schlicht und ergreifend falsch und ich kann es beweisen. Ätsch.

    Die Aussagekraft der Ergebnisse hängt weniger mit der Anzahl an Delegationen zusammen als damit wie das Stimmgewicht zu dem kommt, der es dann nutzt, respektive wieviel der dann noch mit den Einstellungen desjenigen zu tun hat, von dem das Stimmgewicht ursprünglich kommt. Je loser diese Verbindung, desto Moppelkotze.

    Auf Parteitagen sollten wir die Stimmen herausrechnen, bei denen jemand seine Stimmkarte jemand anderem in die Hand drückt, dem sagt er soll damit machen was er will, und dann nach Hause geht. Oh, wait, das ist ja schon unzulässig. ;P


    Und dann eins noch: "Stefan" bitte, mit "f". Danke! ;)
    Oh, und dein Blog hat eine viel zu rigide Zeichenbegrenzung. :P

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  19. "Niemand delegiert an jemanden, der sich nicht mehr um seinen Account kümmert."

    Wie kommst du zu der Aussage?

    (Spoiler: Sie ist falsch)


    "Witzig ist, dass Christopher genau im Themenbereich LQFB-Systembetrieb die meisten Delegationen besitzt, nicht bei sonstigen Themen. Widerspricht Deiner These etwas, oder?"

    Selbe Frage.

    (selber Spoiler)

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  20. Vielen Dank für diesen Beitrag, der im Gegensatz zu streetdoggs die Delegationen auch als echte Meinungs- bzw. Richtungsäußerungen auffasst, was zweifellos richtig ist. Da ich meine Meinung zu vielen Themen im Klabautercast und anderswo öffentlich mache, delegieren eben viele Leute auf mich, die sich mit meiner Meinung identifizieren können.

    Zu meiner globalen Delegation auf Korbinian: Da ich zu allen Themenbereichen und zu manchen Themenbereichen themenbezogene Delegationen habe, kommt Korbinian als globaler Delegierter kaum zum Zug. Dennoch ist auch diese globale Delegation eine Richtungsentscheidung, denn im Zweifel finde ich Korbinians Ausrichtung auf Utopien vorziehenswert, sofern ich keine bessere Idee habe.

    Danke, dass Sebastian, die Anschuldigung, ich sei Populist zurückgewiesen hat. Auf der Aktivenliste bin ich nicht (das ist kein Desinteresse, sondern liegt an der ML; ich brauche das wohl nicht weiter zu erläutern).

    Ich befürworte das Grundeinkommen, bin aber nicht sicher, ob die Finanzierung aus Konsumsteuern der richtige Ansatz ist; also bitte unterstellt mir nicht, ich würde diesen Ansatz vertreten.

    Ich delegiere auf Michael Ebner in Satzungsfragen, weil er sich damit auskennt. Wenn ich selbst eine Meinung habe, stimme ich natürlich selbst ab. Jbe kennt sich unbestritten im LQFB-Betrieb aus, daher delegierte ich da auf ihn. Dass er nicht abgestimmt hat, ist mir nicht entgangen.

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  21. "Danke, dass Sebastian, die Anschuldigung, ich sei Populist zurückgewiesen hat."


    Anschuldigung ist sicherlich nicht das richtige Wort, aber ich stehe auch weiterhin zu dieser Einschätzung. Bisher erlebe ich den Topdelegierten im System nie bei wirklich kritischen Dingen mal Stellung beziehen. Und ich denke sobald du das mal tun würdest, wäre ein anderer (noch) populistischer agierender schnell der Topdelegierte, weil eben die passiven Leute, die weder Zeit noch Lust noch Fachwissen haben zum Populisten delegieren, weil sie anderes nicht verstehen oder gar verstehen wollen. Der Bug ist hier das System und du in dem Fall der Nutznieser, um es mal unverblühmt auf den Punkt zu bringen, auch wenn es hart klingen mag.

    "Auf der Aktivenliste bin ich nicht (das ist kein Desinteresse, sondern liegt an der ML; ich brauche das wohl nicht weiter zu erläutern)."

    Für mich schon (!), zumindest ab und zu, wenn es mal thematisch zugeht, kann man sich auch mal an der Diskussion beteiligen. Gerade jemand der so viele Delegationen hat, sollte doch problemlos das Niveau extrem anheben können und statt alle in Grund und Boden zu stimmen und delegieren auch mal zu diskutieren.

    Ich sehe bisher nichtmal im Ansatz den Versuch dich mit anderen auf Bundesebene zusammen an der Willensbildung zu beteiligen, weder auf der Bundesliste noch in irgendeiner AG, und ich lese viele davon. ;-)

    "Ich befürworte das Grundeinkommen, bin aber nicht sicher, ob die Finanzierung aus Konsumsteuern der richtige Ansatz ist; also bitte unterstellt mir nicht, ich würde diesen Ansatz vertreten."

    Da du dich halt nicht auf der einzigen richtigen Diskussionsplattform beteiligst, kann man nur verschiedene Aussagen von dir (vielleicht dann auch falsch) interpretieren. Und bei dem Klabautercast mit Jorges zum Thema Grundeinkommen, klang es für mich so als wärest du sehr für Konsumsteuern, um bspw. Schwarzarbeit zu vermeiden. Wobei ich natürlich nicht weiß, in wie weit du sonst noch einen Einblick in die übrigen Zusammenhänge, wie Schwarzmarkt, Preisniveauveränderungen (Konsumsteuer) und Umverteilungseffekte (Einkommenssteuer) hast, da du dich an den Diskussionen nicht beteiligst. Aber Vorträge sind (leider) zur Delegationsgewinnung wichtiger als öffentliche Diskussionen mit möglichst vielen Leuten...

    Mich wundert es schon überhaupt mal von dir in einer kontroversen Diskussion was zu lesen, und hier geht es sogar um eine sehr wichtige Frage für den zukünftigen Weg der gesamten Partei.

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  22. "und hier geht es sogar um eine sehr wichtige Frage für den zukünftigen Weg der gesamten Partei."

    ...an der mir sehr viel liegt (!), gerade weil bisher durch den basisdemokratischen Ansatz, viele Entscheidungsträger gezwungen waren sich mit der Materie selbst auseinanderzusetzen und außerhalb von LQFB auch nicht sehr wenige Personen einfach Dinge nahezu im Alleingang entscheiden konnten.

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  23. LordSnow, nur weil du die Diskussionen auf Mailinglisten bevorzugst, heißt das doch nicht, dass das jeder Pirat tun muss. Es gibt sehr viele Diskussionskanäle. Das hat gute und schlechte Seiten... Aber einen (de facto unfrewilligen) "Delegationsmächtigen" vorzuwerfen, nicht _die_ Mailingliste zu nutzen, finde ich etwas daneben.

    Gruß,
    Stephan Beyer

    PS: Wieso muss ich google.com entsperren, damit ich hier Kommentare schreiben kann?

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  24. "Wieso muss ich google.com entsperren, damit ich hier Kommentare schreiben kann?"

    << sorry keine Ahnung. Blogspot.com gehört Google. Keine Ahnung was die hier alles für Evil Technologie eingebaut haben. Ich wollte aber für dieses kleine Projekt kein eigenen Wordpress aufsetzen ;)

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  25. "Es gibt sehr viele Diskussionskanäle."

    Es gibt aber genau einen Kanal den sehr viele Leute mindestens lesend nutzen und der auch für Diskussionen wesentlich besser geeignet ist als social networks, wo man wieder eher die eigene Person vermarktet als kontroverse Ideen im Detail auseinanderzunehmen.


    ""Delegationsmächtigen" vorzuwerfen, nicht _die_ Mailingliste zu nutzen, finde ich etwas daneben.""

    Ich werfe es nicht vor, ich beschreibe ausschließlich den (traurigen) Ist-Zustand. Ich sage auch nicht, dass maha "böse" ist (warum auch), falls das bei einigen so ankommen mag, sondern dass er der Gewinner eines Systembugs ist. Ob er diesen nun bewusst ausnutzt oder nicht, steht dabei auf einem völlig anderen Blatt.

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  26. Trotzdem noch eine Sache zur Ergänzung. Wenn es eine zentrale Diskussionsmöglichkeit direkt im System gäbe (die Anregungen sind kein fortlaufender Argumentaustausch), z.B. wie in adhocracy, sehe die Sache auch ganz anders aus.

    Aber diese Erweiterung lehnt maha z.B. ab:
    https://lqfb.piratenpartei.de/pp/initiative/show/1471.html?tab=voting

    Er möchte wie es den Anschein hat nicht, dass im System diskutiert wird und dadurch auch die Beteiligung der bisher LQFB nur passiv oder gar nicht Nutzer vielleicht steigt, zumindest hat es diesen Eindruck auf mich.

    Und wenn man mal schaut, wie viele grüne Daumen und wie viele rote Daumen zu erkennen sind, kann man zumindest mal ins Nachdenken kommen. Ich zumindest sehe da ein deutliches Missverhältnis zwischen aktiver Basis und Topdelegierten.

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